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Genuss ohne Reue. Pasta, kombiniert mit Zutaten der „mediterranen Diät“, kann helfen, das Gewicht gering zu halten.

© imago/CTK Photo

Ernährung: Ehrenrettung der Nudel

Pasta macht dick? Aber nicht, wenn sie in Maßen genossen wird, mit viel Gemüse und wenig Fleisch. Das zeigt eine Studie aus Italien.

Lieblingsessen? Spaghetti mit Tomatensoße stehen hier bei den meisten Kindern weit oben auf der Hitliste. Bei den Erwachsenen sind es vielleicht eher Linguine mit Lachs oder Penne all’arrabiata. Pasta macht auch in Deutschland viele Esser glücklich. Doch machen Nudeln nicht auch dick? Sollte man sie sich besser verkneifen, wenn man schlank bleiben oder sogar ein wenig abnehmen möchte?

Stimmt nicht, sagen nun Forscher vom Istituto Neurologico Mediterraneo im italienischen Pozzilli. Im Journal „Nutrition and Diabetes“ warten sie mit Daten von über 23 000 Italienerinnen und Italienern auf, die an zwei großen Studien teilgenommen haben. „Bei der Analyse anthropometrischer Daten der Teilnehmer und ihrer Ernährungsgewohnheiten haben wir gesehen, dass der Konsum von Pasta – entgegen der Meinung vieler – nicht mit einem Zuwachs an Körpergewicht assoziiert ist, sondern dass eher das Gegenteil stimmt“, berichtet der Epidemiologe Georgios Pounis.

Skepsis angebracht: Teilweise wurden Telefon-Interviews geführt

Bereits im April hatten die Forscher in einer Online-Publikation mitgeteilt, dass Personen, die sich regelmäßig einen guten Teil ihrer Kalorien in Form von Pasta zuführen, eher einen niedrigen Body-Mass-Index (BMI) und ein günstigeres Verhältnis zwischen Taillen- und Hüftumfang haben als Vergleichspersonen. Als optimalen Richtwert errechneten sie 73 Gramm Nudeln für Männer und 54 Gramm für Frauen. Also keineswegs XXL-Portionen.

Etwas Skepsis gegenüber den Ergebnissen ist zunächst trotzdem angebracht. Zumindest eine Teilstudie wurde vom Nudelhersteller Barilla mitfinanziert. Und diese, im Rahmen des „Italian Nutrition and Health Survey“ entstandene Studie mit 9319 Teilnehmern basiert zudem auf Telefon-Interviews zu den Ernährungsgewohnheiten von Bürgern aus verschiedenen Gegenden Italiens. Solche Befragungen gelten als nicht sehr zuverlässig.

25.000 Bürger werden regelmäßig untersucht und befragt

Der etwas größere Teil der Datensammlung entstammt allerdings dem aufwendigen „Moli-Sani“-Projekt, für das seit einigen Jahren insgesamt 25 000 Bürger der kleinen, zwischen Adria und Abruzzen gelegenen Region Molise regelmäßig körperlich untersucht und befragt werden. Es wird vom italienischen Forschungsministerium unterstützt und von der Katholischen Universität in Campobasso organisiert. Um die Ernährungsgewohnheiten zu ermitteln, werden Fragebögen genutzt, die für das europäische „Epic“-Projekt entwickelt wurden. Dort geht es vor allem darum, Zusammenhänge zwischen bestimmten Ernährungsmustern und der Entstehung von Krebs aufzudecken. Auch das gesundheitliche Geschick der Teilnehmer des kleineren Moli-Sani-Projekts wird prospektiv, also in die Zukunft schauend, verfolgt.

„Bei prospektiven Studien haben wir die Möglichkeit, auch auf die Gewichtsentwicklung der Teilnehmer zu achten“, sagt der Epidemiologe Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (Dife) in Potsdam-Rehbrücke. Denn die meisten Menschen nehmen im Lauf ihres Erwachsenenlebens kontinuierlich an Gewicht zu. Welche Rolle einzelne Ernährungsbestandteile dabei spielen, ist noch nicht vollständig geklärt.

Süßkram wie Limonade und hoher Fleischkonsum sind gefährlicher

Dass die neue Studie nun die Pasta rehabilitiert, ist in Boeings Augen nicht ganz verwunderlich. Zwar verzichten auch in Italien immer mehr ernährungsbewusste Zeitgenossen auf traditionelle Nudelgerichte. „Doch Studien belegen, dass es eher Klassiker wie süße Limonaden oder auch hoher Fleischkonsum sind, die mit der Gewichtszunahme verbunden sind“, sagt Boeing. Umgekehrt zeigte sich, dass es für die Gewichtsentwicklung sowie die Verringerung des Risikos für einige Krankheiten günstig ist, regelmäßig genug Ballaststoffe aus Getreide und viel Obst und Gemüse zu sich zu nehmen. „Daher sollte man komplexe Kohlenhydrate, wie sie auch in vielen Nudelsorten enthalten sind, nicht als Dickmacher verteufeln, soweit sie in normalen Mengen gegessen werden.“

Was die beiden italienischen Studien nun in Sachen Pasta und Gewicht ergeben haben, ist der Hinweis auf einen Zusammenhang, aber keine ursächliche Beziehung. Vielleicht ist die Sache komplizierter. Ein möglicher Grund dafür, dass die Nudelliebhaber unter den Versuchsteilnehmern schlanker waren, deutet sich allerdings schon in der Studie selbst an. Die Teilnehmer, die regelmäßig Pasta auf dem Teller hatten, hielten sich auch sonst eher an die viel gelobte „mediterrane Diät“: Sie nahmen Fett vorwiegend in Form von Olivenöl zu sich und aßen mehr Gemüse und Obst als die anderen. Vor allem natürlich mehr Tomaten und Zwiebeln, die in den klassischen Sugo gehören.

Regelmäßige Mahlzeiten sind gut - und lange Pausen dazwischen

„Ein solches Ernährungsmuster hat sich als eine Strategie erwiesen, mit der man das Risiko einer Gewichtszunahme vermindert“, sagt Boeing. Wer jedoch zweimal täglich einen großen Teller Spaghetti Carbonara verspeist und nicht zur gleichen Zeit für einen Marathonlauf trainiert, isst sich damit sicher nicht schlank.

Das Stichwort Teller führt zu einem weiteren möglichen Grund für das – auf den ersten Blick doch überraschende – Studienergebnis. Schon aus logistischen Gründen sind Spaghetti und Co. Teil von Mahlzeiten, die man am besten sitzend am Esstisch einnimmt. Dass regelmäßige Mahlzeiten und vor allem die Pausen dazwischen vor Übergewicht und seiner gefürchteten Folge Typ-2-Diabetes schützen, hat Annette Schürmann vom Dife inzwischen mit ihrer Grundlagenforschung belegt. Offensichtlich aktiviert es den Stoffwechsel, wenn man regelmäßig für mehrere Stunden nichts isst. Insofern liegt es nahe, dass es nicht die Nudelgerichte selbst sind, die dabei helfen, langfristig „Bella Figura“ zu machen, sondern vor allem der Rahmen, in dem man sie verzehrt. Bei Pizza, die aus ähnlichen Ingredienzien zusammengesetzt ist, sieht das anders aus. Sie eignet sich, in Stücke geschnitten, auch hervorragend als Happen für zwischendurch.

Wer kräftig abnehmen will, sollte Eiweiße bevorzugen

Und „Low Carb“, also ein Ernährungsplan, bei dem man versucht, ganz allgemein mit einer geringen Menge an Kohlenhydraten auszukommen? Das ist Studien zufolge eine gute Option, wenn stark übergewichtige Menschen abnehmen wollen. Die Teilnehmer der großen europäischen „Diogenes“-Studie zum Beispiel konnten nach einer Diät ihr neues Gewicht besser halten, wenn sie viel Eiweiß aßen und allenfalls Kohlenhydrate, die den Blutzucker nur langsam ansteigen lassen, also einen niedrigen glykämischen Index haben.

In dieser Hinsicht sind Nudeln etwas günstiger als Weißbrot, Vollkornnudeln schneiden nochmals günstiger ab. Für die Proteine könnte nach der kleinen Portion Pasta, wie in Italien üblich, ja noch ein kleines Stück Fleisch oder Fisch sorgen. Natürlich mit verschiedenen Gemüsen serviert.

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