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Trainer. Konstantin Rohde betreut eine Sportgruppe in einer Kirchengemeinde. Dank des Stipendium könne er sich nun stärker engagieren, sagt er.

© Doris Spiekermann-Klaas

Erste Berliner Stipendiaten: Ihr Motto: Geld ist Zeit

Weniger jobben, mehr helfen: Berliner Deutschland-Stipendiaten berichteten, wie es Ihnen mit der Förderung von Bund und Sponsoren ergeht.

Unbedingt angewiesen sei er nicht auf das Geld, sagt Konstantin Rohde. Mit den 300 Euro, die monatlich auf sein Konto überwiesen werden, könne er sich nun einfach ein bisschen mehr leisten. „Und ich habe mehr Zeit, mich in der Kirchengemeinde zu engagieren.“ Der Sponsor, der im kommenden Jahr pro Monat 150 Euro auf Rohdes Konto einzahlen wird, ist der Bund. Die andere Hälfte des Betrags steuert die Stiftung des Pharmakonzerns Bayer dazu. Konstantin Rohde, Mathematikstudent an der Humboldt-Universität (HU) mit Einser-Schnitt, ist einer der ersten Stipendiaten des nationalen Stipendienprogramms der Bundesregierung.

Das „Deutschlandstipendium“ ist ein Prestigevorhaben von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Leistungsstarke Studierende werden ab diesem Sommersemester finanziell unterstützt, unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern. Mit der Finanzierung durch den Bund und die Wirtschaft will Schavan eine weitere Säule der Studienfinanzierung aufbauen, neben Bafög und den Begabtenförderwerken.

Die Hochschulen wählen die Stipendiaten selbst aus. Dabei schauen sie in erster Linie auf die Noten der Bewerber – so schreibt es das Stipendiengesetz vor. Nach dieser Vorauswahl liegt es bei den Unis, auch das gesellschaftliche Engagement oder das Einkommen der Kandidaten zu berücksichtigen. „Für Stipendien, die abhängig vom Einkommen vergeben werden, bin ich nicht infrage gekommen“, sagt Konstantin Rohde. Seine Eltern unterstützen ihn finanziell, außerdem jobbt er als Verkehrszähler. Bafög bekommt er nicht. Neben der Uni leitet der 21-Jährige eine Sportgruppe in der evangelischen Sophiengemeinde in Mitte.

Zwar hat die Bundesregierung angekündigt, in einigen Jahren acht Prozent aller Studierenden fördern zu wollen. Doch das neue Programm läuft schleppend an. In diesem Jahr steht nur Geld für 10 000 Stipendien – also 0,4 Prozent der Studierenden – zur Verfügung. Es ist fraglich, ob selbst dieses bescheidene Ziel erreicht werden kann.

In Berlin ist Konstantin Rohde noch ein Exot. Die HU hat als einzige der großen Berliner Unis bereits zum Sommersemester die ersten Stipendien vergeben. 18 Stipendiaten hat die Uni aus 230 Bewerbern ausgewählt. FU und TU wollen zum Wintersemester mit den ersten Stipendien starten. Aus der TU ist zu hören, bisher seien 25 Stipendien eingeworben worden, man rechne zum Winter aber mit noch mehr.

Auch wenn das Stipendium klar leistungsbezogen sei, „der Notenschnitt allein war nicht ausschlaggebend“, sagt Mariana Bulaty, an der HU zuständig für die Akquise der Stipendien-Sponsoren. Daneben habe die Kommission die Kandidaten auch danach ausgewählt, ob sie sich gesellschaftlich engagieren.

Wie dringend die Stipendiaten die 300 Euro nötig haben, weiß die HU meist gar nicht genau. „Über die finanzielle Situation der Bewerber erfährt man nur schwer etwas“, sagt Bulaty. „Den Kontostand wollen und können wir nicht abfragen.“ Das verbiete der Datenschutz. Angaben zum Bildungsabschluss der Eltern etwa seien freiwillig. Da wird es schwierig, gezielt auch Studierende aus bildungsfernen Elternhäusern zu fördern.

Den Vorwurf, dass das Stipendienprogramm ausschließlich gute Studierende fördert und nicht diejenigen, die das Geld am meisten brauchen, kann Stipendiatin Christina Just nicht verstehen: „Ich finde es in Ordnung, dass Leistung gefördert wird.“ Die 24-Jährige macht einen Master in Europäischen Literaturen an der HU und wird ebenfalls seit April mit 300 Euro unterstützt. Die Hälfte ihres Stipendiums schießt die Humboldt-Universitäts-Gesellschaft zu, der Förderverein der HU.

Acht der HU-Stipendien kommen von Wirtschaftsunternehmen, sie alle wurden fachgebunden vergeben. Die Firmen wollen fast ausschließlich Studierende der Naturwissenschaften unterstützten. Die Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft hat festgelegt, dass ihr Stipendium an einen Studierenden der Agrarökonomie vergeben wird. Mit Ausnahme der Bayer-Stiftung haben die privaten Sponsoren ihr Geld erst einmal für ein Jahr zugesagt. Dann werden die Leistungen der Stipendiaten erneut überprüft.

Kherlentsetseg Damdindorj sieht die Förderung deshalb als Verpflichtung, sich im Studium noch mehr anzustrengen. „Nun muss ich mir in der Uni noch mehr Mühe geben.“ Die Mongolin studiert Zentralasienstudien im Master. Nebenbei hat sie einen Verein gegründet, der Geld für die medizinische Behandlung von Kindern aus der Mongolei sammelt. Durch das Fördergeld müsse sie sich nun nicht mehr so viele Gedanken um ihre finanzielle Situation machen, sagt Damdindorj. Als ausländische Studentin bekommt sie kein Bafög und darf pro Jahr höchstens 90 Tage arbeiten.

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