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Wissen: Europas Unireform als Exportschlager Studie: Bologna-Prozess

soll Vorbild für USA sein

Könnte der Bologna-Prozess weltweit Schule machen? Ja, sagt das amerikanische Institute for Higher Education Policy (IHEP). Der Bologna-Prozess – bei dem europaweit Studienabschlüsse vergleichbar gemacht werden sollen – könnte sich zu einem „Exportschlager“ entwickeln. Selbst für die USA könnte er zum Vorbild werden. Die einflussreiche Washingtoner Nichtregierungsorganisation ruft amerikanische Hochschulen jedenfalls zu mehr Aufmerksamkeit dafür auf, was sich auf dem europäischen Kontinent abspielt.

Dort würden historisch gewachsene Hochschulsysteme „auf den Kopf gestellt“, heißt es in einer IHEP-Studie mit dem bezeichnenden Titel „Der Bologna Club: Was das US-Hochschulwesen von einem Jahrzehnt des europäischen Umbaus lernen kann“. Die Veränderungen der vergangenen zehn Jahre mache den Bologna-Prozess zur „weitreichendsten Reform“ auf dem Gebiet der Hochschulpolitik – ambitioniert genug, um weltweit Schule zu machen.

Das müsse vor allem für die USA gelten, sagt der Autor Clifford Adelmann, der früher für das Bildungsministerium arbeitete. Ein Urteil, dass viele überraschen dürfte. Doch das US-Hochschulwesen sei reformbedürftig, sagt Adelmann – und ähnlich heterogen wie vormals der Bologna-Raum, der 46 Staaten, 4000 Einrichtungen und 16 Millionen Studenten umfasst.

„Harmonisierung, nicht Standardisierung“ laute das Erfolgsrezept Europas, das auf die Staaten der USA übertragen werden könne. Durch gemeinsame Bezugspunkte entstünde eine „Zone gegenseitigen Vertrauens“, die Spielraum für individuelle Lösungen ließe, aber die Anerkennung von Abschlüssen über Grenzen hinaus erlaube.

Vorbildhaft seien die Bologna-Ansätze bei der Qualitätssicherung, zum Studienaufbau sowie bei einheitlichen Leistungsbewertungen. So schlägt das IHEP vor, einen detaillierten Qualifikationsrahmen für Abschlüsse zu entwickeln und das US-Leistungspunktesystem zu überarbeiten. Analog zu den europäischen „Diploma Supplements“ sollten US-Unis Zusätze zum Zeugnis einführen, die die Inhalte des Abschlusses dokumentieren.

Dass europäische Unis ihre Studiengänge auf Bachelor und Master umstellten, setze die USA zusätzlich unter Handlungsdruck. Dabei handle es sich eben nicht nur um eine schlichte Anpassung an das angloamerikanische System. Vielen europäischen Unis sei es gelungen, Studiengänge verständlicher und vergleichbarer zu machen.

Eine Transparenz, die in Amerika gerade angesichts der Herausbildung eines internationalen Bildungsmarktes „schmerzlich“ vermisst werde. Analog zum Bologna-Ansatz empfiehlt Adelmann seinen Landsleuten daher, einen Rahmen vergleichbarer Hochschulabschlüsse zu entwickeln, der sich an Kenntnissen und Kompetenzen orientiert, die sich Studierende während des Studiums angeeignet haben sollten.

Amerika sei gut beraten, dem Vorbild vieler Länder außerhalb der ursprünglichen Bologna-Länder zu folgen und Kernmerkmale des Prozesses auf ihre Übertragbarkeit zu überprüfen. Die aktuelle Debatte über Qualität und Zugangsgerechtigkeit im US-Hochschulsystem, wo Weltklasse und Drittweltniveau nebeneinanderher existieren, werde durch den Blick nach Europa an Fahrt gewinnen. Leonard Novy

Leonard Novy

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