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Steinalt. Neu entdeckte Steinwerkzeuge belegen, dass Menschen schon vor mindestens 65 000 Jahren in Australien lebten.

© Dominic O'Brian/Gundjeihmi Aboriginal Corporation

Evolution des Menschen: Australien wurde 18 000 Jahre früher besiedelt

Forscher entdecken im Norden des Kontinents sehr frühe Zeugnisse der Aborigine-Kultur.

Archäologen haben im Norden Australiens Spuren menschlicher Zivilisation gefunden, die mindestens 65 000 Jahre alt sind. Das berichten sie im Fachblatt „Nature“. Bislang nahmen Forscher an, dass Homo sapiens den Kontinent erst vor etwa 47 000 Jahren erreichte. Prähistoriker müssen nun überdenken, wann Frühmenschen den Weg aus Afrika über Asien nach Sahul fanden – die damals noch zusammenhängende Landmasse von Neuguinea und Australien.

Datierung mit Hilfe lumineszierender Sandkörner

Unter einem natürlichen Felsvorsprung in Madjedbebe an der Grenze zum Kakadu-Nationalpark hatten Ausgrabungen schon 1973 und 1989 mehr als 1500 Steinwerkzeuge, Knochen, Ocker und Pflanzenreste freigelegt. Allerdings war die Datierung der Funde auf ein Alter von 50 000 bis 60 000 Jahre umstritten. Die Forschergruppe um Chris Clarkson von der Universität Queensland in Brisbane organisierte daher in den Jahren 2012 und 2015 neue Expeditionen, bei denen insgesamt 20 Quadratmeter Boden bis zu einer Tiefe von 3,4 Metern ausgehoben wurden. In drei Schichten stießen sie auf insgesamt 11000 Artefakte, darunter Feuer- und Schleifsteine, Handäxte sowie weitere Spuren menschlicher Aktivitäten, etwa Reste von Feuerstellen und Gräbern. Außerdem fanden die Forscher neben Ocker noch andere Farbpigmente, die offenbar für Körper-, aber auch Höhlenmalereien benutzt wurden.

Für die Datierung der Funde zogen die Forscher eine Technik namens „optisch stimulierte Lumineszenz“ (OSL) heran. Während die sonst übliche Radiokarbon-Datierung ein Mindestmaß an Kohlenstoff in einem untersuchten Objekt erfordert und nur bis zu einem Alter von maximal 50 000 Jahren exakt genug ist, lässt sich mit OSL abschätzen, wann ein Sandkorn in den vergangenen 100 000 Jahren zuletzt dem Sonnenlicht ausgesetzt war – und damit indirekt folgern, wann eine im Sand gebettete Handaxt unter die Erde geriet. Die Wissenschaftler setzten dabei Tausende von Sandkörnern vom Fundort Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge aus. Dadurch wird Energie in Form von Lumineszenz freigesetzt, die in den Sandkörnern im Laufe der Jahrtausende gespeichert wird, wenn sie im Dunkeln lagen. Je länger die Körnchen lumineszieren, umso länger lagen sie im Untergrund. Ergebnis: Menschen lebten schon vor mindestens 65 000 Jahren in Australien. Mit Hilfe der Sandkörner konnten die Forscher auch feststellen, welches Klima zur Zeit der Besiedlung vorherrschte. Es war feuchter und kühler als heute.

Mensch womöglich nicht für Ausrottung der Riesenkängurus verantwortlich

Die neue Datierung ist ein Argument dafür, dass Menschen schon vor 80 000 Jahren über die Sinai-Halbinsel aus Afrika nach Asien einwanderten. 10 000 Jahre später könnten ihre Nachkommen bereits den australischen Kontinent erreicht haben. Dafür sprechen nicht nur Analysen des Erbguts der australischen Ureinwohner, sondern nun auch die archäologische Datierung der Madjedbebe-Funde. Damit wird auch die Existenz von Homo floresiensis erklärlicher, kleinwüchsigen Frühmenschen, deren Überreste auf der indonesischen Insel Flores entdeckt wurden. Jüngsten Datierungen zufolge sind sie nicht jünger als 60 000 Jahre. Unklar ist, ob sie mit Homo sapiens überhaupt verwandt sind.

Die frühe Anreise der Aborigines bringt auch die Theorie ins Wanken, nach der es der Mensch war, der Riesenkängurus und Wombats ausrottete. Sie verschwanden erst vor etwa 45 000 Jahren. „Bislang wurde angenommen, dass Menschen ankamen und sie jagten oder ihre Lebensräume störten“, sagt der am Projekt beteiligte Anthropologe Ben Marwick von der Washington University in Seattle. Die neuen Datierungen sprächen eher dafür, dass die Menschen lange mit den Tieren lebten.

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