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Auf Augenhöhe mit den Großen.Wissenschaftssenator Zöllner gibt zusätzliches Geld für den Betrieb seiner Einstein-Stiftung aus. Doch Spenden blieben bislang aus.

© dpa

Exzellenz-Stiftung: Einsteins Zweck

Seit über zwei Jahren arbeitet die Berliner Exzellenz-Stiftung. Sie soll in großem Stil Geld für die Wissenschaft einsammeln und international ein Leuchtturm für die Hauptstadt sein. Doch bislang hat sie ihre großen Ziele verfehlt.

Berlin wolle Harvard in fünf bis zehn Jahren „auf Augenhöhe“ begegnen, hat Jürgen Zöllner vor drei Jahren erklärt. Nobelpreise seien nicht ausgeschlossen. Damit warb er für eine neue Einrichtung für die Berliner Spitzenforschung. Seit 2008 fließt Geld dafür. Doch noch immer läuft es mit der Einstein-Stiftung nicht gut. Zuletzt erregte sie Aufmerksamkeit, weil Zöllner seine Lebensgefährtin zur Leiterin der Geschäftsstelle gemacht hatte. Und in Kürze wird sich der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses wieder mit der Stiftung befassen. Er hatte im Juli den Wirtschaftsplan heftig kritisiert.

Bislang scheint die Stiftung alle großen Ziele zu verfehlen, die Zöllner sich mit ihr gesetzt hat:

Zweck 1: Die Einstein-Stiftung soll Sponsoren anziehen

Zöllner hätte die jährlich 35 bis 40 Millionen Euro, die das Land der Einstein-Stiftung zur Verfügung stellt, den Unis auch direkt zukommen lassen können. Doch er wählte den langwierigen Weg, eine Stiftung zu gründen. So wollte er nach amerikanischem Vorbild Großspender für die Berliner Wissenschaft gewinnen. Dem Wirtschaftsplan der Stiftung nach gab es aber keine Einwerbungen. Auf Anfrage des Tagesspiegels wollte Zöllner sich nicht äußern. Er wolle der Sitzung des Hauptausschusses nicht vorgreifen, ließ er erklären. Im Umfeld des Senats wird gelästert, offensichtlich hätten „Zöllners Drückerkolonnen keinen Erfolg“.

Es hat sogar den Anschein, als störe die Stiftung bei der Einwerbung von Spenden. Die „Falling Walls“-Konferenz, im vergangenen Jahr als Auftaktveranstaltung für die Einstein-Stiftung organisiert, findet in diesem Jahr nur statt, weil die Stiftung nicht mehr als Veranstalterin auftritt. Denn das hätte andere Stiftungen vom Spenden abgeschreckt..

Muss Zöllner das Stiftungskapital bald zurückgeben, wenn es seinen Zweck, Spenden anzuziehen, nicht erfüllt? So weit will Finanzsenator Nußbaum nicht gehen. Allerdings habe es die Erwartung gegeben, dass die Stiftung ihre laufenden Kosten aus Zustiftungen finanziere. „Dazu ist es aber bisher nicht gekommen“, teilt Nußbaum auf Anfrage mit.

Fünf Millionen Euro stehen der Einstein-Stiftung als Kapitalstock aus dem Landeshaushalt zur Verfügung. Doch nach dem ersten Jahr hat die Stiftung dem Wirtschaftsplan zufolge nur 50 000 Euro Zinsen eingenommen. Das heißt, die fünf Millionen Euro bringen nur ein Prozent Zinsen ein. „Da wirft ja noch ein Postsparbuch mehr ab“, sagt Oliver Schruoffeneger, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus.

Sollte Zöllner das Kapital wirklich so schlecht angelegt haben? Das wäre für Berlin ein finanzieller Schaden und für Zöllner ziemlich peinlich. Der CDU-Haushälter Christian Goiny geht aber davon aus, dass die Einnahmen aus Zinsen tatsächlich höher sind. Vermutlich sei im Wirtschaftsplan absichtlich eine zu niedrige Summe angegeben worden, um eine „Verfügungsmasse“ in der Hinterhand zu haben. Goiny geht davon aus, dass weitere Ausgaben der Einstein-Stiftung auf der Basis dieses zwielichtigen Wirtschaftsplans rechtswidrig wären.

Die Abgeordneten wundern sich auch über die hohen Verwaltungskosten, die der Wirtschaftsplan veranschlagt. Für die Geschäftsstelle sind jährlich 590 000 Euro vorgesehen. Dass Zöllner diese Kosten jetzt drücken will, hat er schon gesagt. Wie hoch sie dann noch sind, wird er dem Haushaltsausschuss demnächst erklären müssen.

Weitere 210 000 Euro entfallen auf die Wissenschaftliche Kommission, den Zirkel, in dem Wissenschaftler die Anträge begutachten. Von diesen sind 200 000 Euro für „Begutachtung“ eingeplant. Soll das heißen, die Wissenschaftler erhalten einen Lohn für ihre Gutachten? Den Gepflogenheiten der DFG würde das nicht entsprechen, „aus guten Gründen nicht“, wie von dort zu hören ist. Wissenschaftler hätten dann eine Motivation, aus finanziellen Gründen möglichst viele Gutachten zu schreiben. Die Wirtschaft zahlt Wissenschaftlern zwar durchaus Geld für Gutachten. Den „Ruch“, die Wissenschaftler würden ihr unabhängiges Urteil gegen Geld tauschen, will die DFG aber auf jeden Fall vermeiden.

Womöglich zahlt Zöllner den Gutachtern ja auch gar kein Schmerzensgeld, sondern die 210 000 Euro sind für Reisekosten vorgesehen. Das aber wäre sehr üppig veranschlagt. Zwar können etwa DFG-Gutachter gemäß dem Bundesreisekostengesetz Wege von mehr als zwei Stunden in der ersten Klasse zurücklegen. Doch ein Drittel der 16 Einstein-Gutachter forscht ganz in der Nähe. Nur fünf kommen aus dem Ausland: zwei aus Wien, einer aus Pisa, eine aus Oxford, einer aus Israel, von wo aus ein Flug in der Business Class 990 Euro kostet.

Nicht nur vermehrt sich das Geld in Zöllners Stiftung nicht. Es wird alleine durch ihren Betrieb weniger. So muss Zöllner die Hebrew University in Jerusalem aus Berliner Steuermitteln versorgen. Denn als die Idee geboren wurde, der Stiftung den Namen Einstein zu geben, wurde vergessen, dass Einsteins Erben die Rechte hierfür an die Hebrew University vergeben haben. Jede Verwendung des Namens kostet Geld. Es kam zu einer freundlichen Einigung: Die Hebrew University darf zu den gleichen Bedingungen wie Berlins Unis Anträge bei der Einstein-Stiftung stellen. Und sie sitzt privilegiert in den Gremien: Sie darf nicht nur ihren Vizepräsidenten in die wissenschaftliche Kommission entsenden, sondern auch ein Mitglied des Stiftungsrats vorschlagen. Natürlich ist es schön, wenn Berlin seine wissenschaftlichen Beziehungen nach Israel intensiviert. „Aber mal ehrlich: Ist die Stiftung zu diesem Zweck gegründet worden?“, fragt ein Professor.

Für die Haushälter im Abgeordnetenhaus ist das finanzielle Gebaren der Stiftung nicht leicht zu kontrollieren. Denn Zöllner hat eine privatrechtliche Stiftung gegründet und sie so dem Blick der Haushälter ein Stück weit entzogen. Den ersten Wirtschaftsplan, der eigentlich schon im Herbst vergangenen Jahres vorgelegt hätte werden müssen, legte Zöllner erst auf monatelangen Druck der Opposition im Juli vor.

Zweck 2: Die Einstein-Stiftung soll so sicher sein wie Fort Knox

Geld für die Berliner Wissenschaft weckt ständig Begehrlichkeiten des Finanzsenators, hat Zöllner in der langen und schwierigen Gründungsphase der Stiftung immer wieder erklärt. Jeder Regierungswechsel könne zu einem neuen Angriff auf den Wissenschaftsetat führen, warnte er. Schon darum müsse er eine Einrichtung schaffen, in der das Geld dauerhaft vor allen Unwägbarkeiten von Regierungswechseln geschützt sei. Damit wollte Zöllner die widerspenstigen Unis für das Projekt erwärmen.

Die Einstein-Stiftung als Fort Knox der Berliner Wissenschaft? Im Gegenteil. Noch nie sind so viele für die Berliner Wissenschaft gedachte Millionen einem Finanzsenator so gefällig auf dem Silbertablett präsentiert worden wie mit der Gründung der Einstein-Stiftung. Wegen der vielen Starthemmnisse konnte die Stiftung 33 Millionen im Jahr 2009 nicht ausgeben. Nußbaum griff sofort zu: Die Universitäten werden das Geld nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Der Finanzsenator beobachtet die Stiftung wegen ihres unglücklichen Finanzgebarens aber auch weiter mit für die Wissenschaft gefährlich großem Interesse, ist allenthalben zu hören. Das gleiche gilt für den Haushaltsausschuss. Könnte Einsteins Etat für das Jahr 2011 gekürzt werden? „Wir legen uns dazu nicht fest“, teilt Nußbaum auf Anfrage mit. Jedenfalls sei es „sicherlich sinnvoll“, wenn die Stiftung ihr Personal nicht mehr unbefristet einstelle. Die Stiftung könnte auch ganz abgewickelt werden. Der SPD-Haushälter Torsten Schneider hat bereits gedroht: „Wir haben die Stiftung eingerichtet, wir können sie auch wieder plattmachen.“

Zweck 3: Die Einstein-Stiftung wird ein Leuchtturm für Berlin

Die Berliner Wissenschaft sollte mit der Einstein-Stiftung einen neuen großen Schub erfahren. Nun finanziert die Einstein-Stiftung jedoch kaum neue Projekte. Den Großteil aus dem Einstein-Topf hat Zöllner für Vorhaben verplant, die mit der Stiftung gar nichts zu tun haben und die schon längst am Laufen sind. Ein dicker Batzen (12,5 Millionen Euro) fließt in die Kofinanzierung der bestehenden Berliner Projekte in der Exzellenzinitiative. Diese Finanzierung muss das Land ohnehin leisten. 2,5 Millionen Euro bekommt das Max-Delbrück-Centrum für ein Zentrum in der Systembiologie, das der Bund seit Anfang 2008 fördert. Auch hier ist Berlin zur Kofinanzierung verpflichtet. Die chronisch klamme Charité erhält in diesem Jahr pauschal 6,3 Millionen Euro als „ergänzende Forschungsfinanzierung“. Zwei Millionen Euro fließen in das „Institut für angewandte Forschung der Berliner Fachhochschulen“, dessen Gründung Zöllner unabhängig von der Stiftung angekündigt hatte.

Mehr als sieben Millionen Euro zahlt der Senat den Unis, damit sie Anträge für die nächste Runde der Exzellenzinitiative vorbereiten können. Diesen Anschub könnte Berlin auch ohne die Einstein-Stiftung leisten. Auch andere Länder unterstützen ihre Unis in der Antragsphase.

Aus dem Wirtschaftsplan geht hervor, dass in diesem Jahr nur sechs Millionen Euro vorgesehen sind, mit denen völlig neue Projekte angeschoben werden könnten. Das ist gerade mal ein Siebtel des eigentlich vorgesehenen Etats.

Nach allem hat sich die Einstein-Stiftung für Berlin noch nicht unentbehrlich gemacht.

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