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EXZELLENZWETTBEWERB Hochschulen debattieren über die Folgen: „Mit der Rolex durch Kreuzberg“

Superuni: FU sieht Elitegewinne in Gefahr. Diskussion mit Zöllner

Will der Berliner Senat die geplante Superuni etwa dazu nutzen, der Freien Universität das gerade im Wettbewerb gewonnene Geld durch die Hintertür wieder wegzunehmen? Dieser Verdacht wurde am Mittwochabend im Akademischen Senat (AS) der FU geäußert: „Da werden natürlich Begehrlichkeiten geweckt. Das ist, als ob ich mit der Rolex durch Kreuzberg laufe“, sagte Claudia Boppert aus der Gruppe der sonstigen Mitarbeiter an Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) gewandt. Der war gekommen, um für seinen Plan zu werben und zeigte sich „von dieser Unterstellung getroffen“.

Zöllner hörte auch sonst nur Kritik. Nicht ein AS-Mitglied konnte der Superuni etwas Gutes abgewinnen. Zöllner habe die „Gefahr der Aushöhlung“ der Mutteruniversitäten noch nicht wirklich bedacht, sagte der Politikwissenschaftler Hajo Funke. Nicht nur zufällig gebe es weltweit kein Vorbild für Zöllners Superuni, sagte der Historiker Paul Nolte. Diese werde einen „Dualismus zwischen den Restunis und den dauerhaft ausgelagerten Exzellenzbereichen“ herbeiführen, sagte Nolte. Überhaupt komme der Plan für die FU zur Unzeit: „Wir stecken nicht in der Krise, sondern sind ausgesprochen erfolgreich“. Er wünsche sich vom Senat „eine Perspektive, wie er erfolgreiche Universitäten stärken will“.

Der Mikrobiologe Ernst-Walter Knapp hielt dem Senator entgegen: „Ich sehe nicht, wie die Superuni angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel erfolgreicher sein soll als die jetzigen Universitäten.“ Zöllner müsse seine 15 Millionen Euro mit dem Faktor 20 multiplizieren. Knapp schlug vor, mit dem Geld lieber eine „lokale DFG“ in Berlin zu installieren. Der Mathematiker Peter Deuflhard erklärte vielsagend, das neue Wiener Institut für Spitzenforschung sei in einem früheren Irrenhaus untergebracht. Für Berlin solle Zöllner lieber eine Lösung nach dem Vorbild des Matheons wählen.

Der Germanist Peter André Alt, der gerade eine Graduiertenschule im Exzellenzwettbewerb eingeworben hat, erklärte dem Senator, die „Herausnahme“ einzelner Wissenschaftler aus der Universität könne die wissenschaftliche Dynamik bremsen. Ein Beispiel dafür seien die Akademien, die häufig nicht Einrichtungen „der Innovation, sondern der Repräsentation“ darstellten. Unter dem Applaus seiner Kollegen erklärte Alt, die Wissenschaftler an der FU hätten für den Elitewettbewerb „bis zur Erschöpfung“ gearbeitet. Sie wollten jetzt nicht neue „administrative Verwerfungen“, sondern Ruhe, um ihre Projekte umsetzen zu können.

„Wenn ich in diesem Institut lande – was mache ich dann dort ohne meine Kollegen, was bewirkt diese Institution?“ wollte die Altphilologin Friederike Fless wissen, die gerade das große Topoi-Cluster mit eingeworben hat. Wolfgang Maaz, Mittellateiner, fragte den Senator, ob es nicht eine „Herabwürdigung“ von Lehrstühlen an den Unis sei, wenn ihre an der Superuni forschenden Professoren von Juniorprofessoren vertreten werden. Maaz wollte auch wissen, ob Zöllner seiner Partei oder seinem Koalitionspartner im Tausch gegen die Superuni vielleicht „mehr Demokratie“ in den Gremien der anderen Hochschulen anbieten müsse.

Zöllner reagierte auf die geballte Kritik sichtlich enttäuscht. Er habe keine fertigen Pläne in der Tasche, sondern wolle „ergebnisoffen“ diskutieren. Das neue Institut müsse so konzipiert sein, dass eine „Aushöhlung“ der Unis ausgeschlossen sei. Der Senator dämpfte aber auch das neue Selbstbewusstsein der FU. Er ließ durchblicken, dass ihr Erfolg im Elitewettbewerb ohne sein Engagement gefährdet gewesen wäre: „In diesem Wettbewerb gab es keine Selbstläufer.“ Zu dem Vorschlag, die Forschungsstrategie für Berlin solle nicht wie geplant in der Superuni, sondern an der FU entwickelt werden, sagte Zöllner: „Das ist möglich, es gibt ungeschicktere Unipräsidenten als Ihren. Aber ich weiß nicht, ob es klug und weise ist.“ Zöllner wünscht sich die Superuni auch, um die Berliner Unis als gleichberechtigte Partner einzubinden.

Allerdings lehnt auch der Akademische Senat der Technischen Universität Berlin die Superuni ab. Wenn den Universitäten nur die Ausbildung der breiten Masse der Studierenden bleibe, während sich die „Eliteausbildung“ in der Superuni konzentrierte, widerspreche das „dem Auftrag und dem Selbstverständnis der Universitäten“, erklärte das Gremium am Mittwoch. Der Vorschlag des Wissenschaftssenators werde dazu führen, die Universitäten zu „reinen Ausbildungsstätten zurückzustutzen“.

Die Berliner CDU fordert Zöllner unterdessen zum Überdenken seiner Pläne auf. Die CDU lehne es ab, „dass Exzellenzbereiche in eine Zöllner-Uni gepresst werden sollen und ansonsten Rumpf-Universitäten zurückbleiben“, sagte der Wissenschaftsexperte Nicholas Zimmer.

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