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Kein Neuanfang. Wer umzieht, nimmt auch seine individuellen Keime mit - und besiedelt damit das neue Heim.

© Kitty Kleist-Heinrich

Familienbande: Der Mensch nimmt seine Mikroben mit

Wenn Familien umziehen, dann sind nicht nur Schränke und Klamotten im Gepäck, auch die ganz individuelle Bakterienflora reist mit.

Schon länger wissen Mikrobiologen, dass jeder Mensch von Milliarden Bakterien bevölkert wird, sowohl auf der Haut als auch im Darm. Sie übernehmen wichtige Aufgaben, zum Beispiel bei der Verdauung oder der Hirnentwicklung, können aber auch eine Rolle bei der Entstehung von Krankheiten spielen. So individuell die Zusammensetzung dieser Bakterien-Biotope eines Menschen ist, so individuell sind auch die Bakteriengemeinschaften in dessen Behausung. Aber was passiert bei einem Umzug? Passt sich die eigene Bakterienflora an die des Vormieters an? Oder „überschreiben“ Familien die mikrobielle Hinterlassenschaft?

Simon Lax und Jack Gilberts Forscherteam von der Universität Chicago untersuchten im „Home Microbiome Project“ die Bakterien im Haushalt von sieben Familien, von denen drei im Untersuchungszeitraum von sechs Wochen umzogen. Dazu entzifferten sie das Erbgut der Mikroben, die sie auf der Haut, der Nase oder den Füßen der insgesamt 18 Familienmitglieder, drei Hunden, einer Katze und diversen Einrichtungsgegenständen wie Türgriffen oder Küchenarbeitsplatten fanden. Aus vier Millionen Erbgutsequenzen konnten sie rund 22 000 verschiedene Bakterienarten identifizieren.

Die Forscher fanden, dass sich Menschen, die in einer Wohnung zusammenleben, in ihrer bakteriellen Signatur ähneln – so sehr, dass Familien anhand ihrer „Mikrobenaura“ identifiziert werden könnten. Diese familiäre Bakterienmischung fand sich auch in der Wohnung wieder. Sobald das Heim aber für einige Zeit verlassen wird, nimmt der Einfluss auf die dortige Bakterienzusammensetzung sehr schnell ab – innerhalb von weniger als einem Tag nehmen die bakteriellen Untermieter einer Familie Besitz von einer neuen Wohnung, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“.

Menschen, die längere Zeit in einem Haushalt zusammenleben, tragen einen ähnlicheren Bakterienmix mit sich herum als nicht zusammenlebende, schlussfolgern Lax und Gilbert. Die Häufigkeit des Kontaktes unter den Familienmitgliedern spielt dabei eine wichtige Rolle. In einem Haus, in dem zwei der drei Bewohner eine Beziehung hatten, hatte das Paar mehr mikrobielle Ähnlichkeit. Mikrobielle Individualität können sich zusammenlebende Familienmitglieder nur an einem einzigen Ort bewahren, schreiben die Forscher: im Inneren der Nase.

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