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Fatu, eines der beiden letzten Weibchen des Nördlichen Breitmaulnashorns.

© Jan Stejskal

Fast ausgestorbene Nashörner: Rettung aus der Retorte

Berliner Forscher zeigen, wie eine eigentlich schon ausgestorbene Nashorn-Art in die Savanne zurückkehren könnte.

Im März dieses Jahres starb "Sudan", das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn. Doch der Tod dieses "letzten Bullen" muss nicht das Ende der Unterart bedeuten. Der Tagesspiegel berichtete bereits anlässlich Sudans Tod über Versuche von Berliner Forschern, die Art mit Hilfe moderner Reproduktions-Tiermedizin in die Welt zurückzubringen. Diese Forscher stellen nun zusammen mit Kollegen im Fachblatt Nature Communications vielversprechende Ergebnisse auf dem Weg dahin vor.

Eingefrorene Spermien

Nördliche Breitmaulnashörner, die einst in Zentral- und Ostafrika verbreitetet waren, gibt es weltweit nur noch zwei: die Tochter und die Enkelin von Sudan. Das Team um die Veterinärmediziner Thomas Hildebrandt und Robert Hermes vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) hat es nun geschafft, im Labor Nashorn-Embryonen zu erzeugen und zu kultivieren. "Dies sind die weltweit ersten in vitro produzierten Nashorn-Embryos", erklärt Hildebrandt. Werde ein solcher Embryo einer Leihmutter eingesetzt, seien die Chancen "sehr hoch", dass diese trächtig werde.

Allerdings erprobten die Forscher die aufwendige Entnahme von Eizellen zunächst bei engen Verwandten der fast verschwundenen Unterart: Südlichen Breitmaulnashörnern in europäischen Zoos. Von diesen gibt es in freier Wildbahn noch mehr als 20.000 Exemplare.

Das Team nutzte eingefrorene Spermien von drei Nördlichen Breitmaulnashörnern. Allerdings beschreiben die Forscher deren Qualität als schlecht. Deshalb mussten die Samenzellen jeweils direkt in die Eizelle gespritzt werden. Diese "Intrazytoplasmatische Spermieninjektion" (ICSI) ist eine vor allem bei Menschen häufig genutzte Methode. Sie wird etwa angewandt, wenn die Spermien des Mannes schlecht beweglich sind und die Partnerin deshalb auf natürlichem Wege nicht schwanger wird.

Nashorn-Embryo (Blastozysten-Stadium).
Nashorn-Embryo (Blastozysten-Stadium).

© IZW

Den letzten zwei Weibchen in einem Reservat in Kenia sollen nun Eizellen entnommen werden. Beide seien aufgrund von Veränderungen im Geschlechtstrakt nicht mehr fruchtbar auf natürlichem Wege, sagt Hermes. Er und seine Kollegen wollen deshalb versuchen, Leihmüttern Embryonen einzusetzen. Auch hierfür eignet sich die südliche Unterart.

Wettlauf gegen die Zeit

Anfang 2019 könnte erstmals ein Weibchen trächtig werden. Noch arbeiten die Forscher aber an der Technik. Ein weiteres Problem könnte die Finanzierung sein. Ein Förderantrag ist eingereicht. Ob und wenn ja wann er bewilligt wird, ist aber unklar. Deshalb hoffen die Wissenschaftler auch auf private Spenden, denn das Vorhaben sei ein Wettlauf gegen die Zeit, heißt es seitens des IZW.

Doch selbst die Geburt eines gesunden Tieres würde noch nicht die Rettung für das Nördliche Breitmaulnashorn bedeuten. Da es nur zwei Weibchen und Spermien weniger Bullen gibt, wäre die genetische Vielfalt für den Aufbau einer sich selbst erhaltenden Population wahrscheinlich zu klein. Allerdings könnten, so Hermes, aus Hautzellen mittels einer Technik aus der Stammzellforschung Spermien und Eizellen erzeugt werden. Weltweit lagern 13 solche Hautstücke in flüssigem Stickstoff konserviert, sieben davon in Berlin.

Gebremste Euphorie

Dass diese ausreichen würden, gilt als sicher, sagt IZW-Sprecher Steven Seet. Denn die Südlichen Breitmaulnashörner, die es heute gibt, haben noch deutlich weniger Individuen als Vorfahren: Sie waren Ende des 19. Jahrhunderts fast ausgestorben.

Die Technik könnte auch dabei helfen, weitere gefährdete Arten zu retten. Doch andere Forscher warnen vor zu hohen Erwartungen. Terri Roth und William Swanson vom Center for Conservation and Research of Endangered Wildlife in Cincinnati etwa weisen in einem Kommentar in Nature Communications darauf hin, dass bisher bei High-Tech-Verfahren "in fast allen Fällen" der Beitrag zum Arterhalt fraglich sei. Etwa beim Klonen gebe es oft Fehlgeburten und Todesfälle nach der Geburt. (mit Material von dpa)

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