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Fehlerkultur: Schon vor dem Schaden klug werden

Einem Patienten geht es am ersten Tag nach seiner Operation plötzlich schlechter. Die Schwester möchte den Notruf ihrer Klinik aktivieren.

Einem Patienten geht es am ersten Tag nach seiner Operation plötzlich schlechter. Die Schwester möchte den Notruf ihrer Klinik aktivieren. Doch auf dem Display des Handys erscheint zweimal hintereinander: Notruf nicht möglich, bitte erneut wählen. Nervös geworden, versucht sie es auf anderem Weg – und erfährt, dass ihre ersten beiden Notrufe doch gehört wurden. Ein Kind soll eine Infusion bekommen, 40 Milliliter pro Stunde. Aus Versehen werden 400 Milliliter pro Stunde eingestellt, nach kurzer Zeit wird das Versehen aber glücklicherweise bemerkt.

Passiert ist in beiden Fällen nichts. Die Beteiligten sind mit dem Schrecken davongekommen. Doch nicht nur aus Schaden kann man klug werden: Im ersten Fall könnte die Technik verbessert werden, im zweiten würden zwei Pflegekräfte mehr sehen als eine, die Einstellung würde dadurch zuverlässiger.

Beide Vorkommnisse sind in Berliner Krankenhäusern passiert – und wurden dem Netzwerk CIRS Berlin gemeldet . CIRS steht für "Critical Incident Report System". Gemeint sind die inzwischen in deutschen Kliniken weit verbreiteten anonymen Meldesysteme für kritische Ereignisse.

Man könnte auch einfach und verständlich von Fehlern sprechen, wenn der Begriff nicht so negativ besetzt wäre. Das Bewusstsein dafür, dass in der Analyse solcher Pannen die Chance für Verbesserungen schlummert, ist jedoch in den letzten Jahren gewachsen. „Eine neue Sicherheitskultur kann nur in einer angstfreien Atmosphäre gedeihen, nur hier kann man aus Fehlern lernen“, sagt Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin.

Mit dieser Idee im Kopf wurde 2008 das regionale Fehlerberichts- und Lernsystem CIRS Berlin gegründet. Bisher haben die beteiligten zehn Kliniken und Klinikketten, darunter Charité und Vivantes, 200 Fälle in das System eingespeist.

Statistiken über schlimme Pannen und folgenreiche Unfälle sind von CIRS-Berlin allerdings nicht zu erwarten. Nur Berichte, die Anstoß zu praxisorientierten Verbesserungsvorschlägen geben, werden von den Vertrauenspersonen, die in jeder der beteiligten Kliniken sitzen, weitergeleitet. Sie können dann später schriftlich oder mündlich über Krankenhausgrenzen hinweg diskutiert werden. aml

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