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Batteriezellen sind das Herzstück der Elektromobilität. Forschung kann sie leistungsfähiger und dauerhafter machen.

© Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Förderung: Forschungspolitik soll weniger nuklear sein

Positionspapiere der Grünen und des europäischen Verbandes der Energieforschungszentren fordern eine vernetztere Energieforschung.

Die Energieforschung in Deutschland muss konsequent auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Das fordern die Grünen im Bundestag in einem Papier, das Tagesspiegel Background Energie & Klima vorab vorlag. Zwar seien die Technologien schon da, „um hier und heute eine grundlegende Transformation der Gesellschaft umzusetzen“, heißt es darin. Es gebe jedoch noch viel Innovations- und Verbesserungspotential. „Um dieses auszuschöpfen, braucht es eine neue Mittelverteilung und eine ganzheitlichere Forschung“, fordern die Grünen.

Um das zu verwirklichen, sei Dreierlei nötig: Erstens eine übergreifende Strategie für die Energieforschung von A bis Z, von Erzeugung, über Transport, bis hin zum Verbrauch. Zweitens müsse der Forschungsbedarf für die Energiewende unter dem Aspekt des Wirkungsgrades, also möglichst geringem Energieverlust, definiert werden. Unter diesem Gesichtspunkt sei die Forschung zu Energieeffizienz besonders förderungswürdig. Drittens sei zu beachten, dass es nicht die eine Lösung für die Energiewende gebe: „Es braucht ein Mischsystem aus mehr effizienten erneuerbaren Erzeugungstechnologien, smarten Netzen, leistungsfähigen Speichern, mehr Energieeffizienz und Sektorkopplung in der Industrie bis hin zu den Privathaushalten.“

126 Millionen Euro für die Fusionsforschung in Deutschland

Kritikwürdig finden die Grünen die Verwendung von Forschungsgeldern für die Kernfusion. Bei der Weiterentwicklung des deutschen Energieforschungsprogramms sollen keine öffentlichen Gelder mehr dafür eingestellt werden. Laut jüngstem Bericht der Bundesregierung zur Energieforschung für 2019 fielen Ausgaben von 42 Millionen Euro für nukleare Sicherheitsforschung an. Das sind vier Prozent des Gesamtbudgets, der Bereich enthält unter anderem die Entsorgungs- und Endlagerforschung. Die Fusionsforschung erhält mit 126 Millionen Euro noch einmal rund zwölf Prozent des deutschen Budgets für Energieforschung.

Der Reaktor Iter im französischen Cadarache ist bislang nur eine der teuersten Baustellen der Welt. Ab 2035 sollen hier zu Forschungszwecken Atomkerne verschmolzen und große Mengen Energie frei werden.
Der Reaktor Iter im französischen Cadarache ist bislang nur eine der teuersten Baustellen der Welt. Ab 2035 sollen hier zu Forschungszwecken Atomkerne verschmolzen und große Mengen Energie frei werden.

© Iter Organization/EJF Riche

Auf europäischer Ebene, heißt es in dem Papier weiter, stelle sich das Verhältnis für die nukleare Forschung viel günstiger dar. In der EU seien von 2014 bis 2020 nahezu genauso viel Mittel für die „kaum Erfolg versprechende Fusions- und Kernforschung“ wie für die gesamte sonstige Energieforschung ausgegeben worden: In die atomare Forschung zur Stromversorgung seien rund 5,3 Milliarden Euro geflossen, für alles andere rund 5,9 Milliarden Euro ausgegeben worden. Der Großteil des Geldes für die atomare Forschung gehe in die Fusionsforschung, „ein Fass ohne Boden, das Milliardensummen verschlingt – ohne bis zum Zieljahr 2050 irgendeinen Beitrag zum Klimaschutz leisten zu können“, kritisieren die Grünen.

Die Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl, die das Papier für ihre Fraktion erstellt hat, fasst zusammen: „Statt Milliarden in die ungewisse Kernfusion zu stecken, müssen wir den Umbau unseres Energiesystems mit einer übergreifenden Forschungsstrategie vorantreiben. Nur so lässt sich die Klimaneutralität bis 2050 erreichen.“

Mehr Investitionen in Klima, Energie und Mobilität

Eine ähnliche Stoßrichtung hat ein Papier, das der europäische Verband der Energieforschungszentren Eurec Anfang September herausgebracht hat. Er fordert, dass der Haushalt des EU-Forschungsprogramm Horizon Europe mit dem europäischen Green Deal in Einklang gebracht werden muss. Dazu hat der Eurec ein gemeinsames Positionspapier mit 20 anderen Organisationen herausgebracht. Demnach sollte die EU viel mehr in Klima, Energie und Mobilität investieren.

„Wir sind der Ansicht, dass der Cluster Klima, Energie und Mobilität unter keinen Umständen weniger als den von der Kommission im Jahr 2018 vorgeschlagenen Betrag von 13,3 Milliarden Euro erhalten sollte – und dass er tatsächlich aufgestockt werden sollte“, schreibt die Allianz von Forschungseinrichtungen und Verbänden wie etwa Wind Europe.

„Harte Haushaltsverhandlungen im Europaparlament“

Der Europäischen Rat hatte im Juli eine Einigung über den EU-Haushalt erzielt. Die Forschung musste dabei Federn lassen. Statt 80 Milliarden wie beim Vorläufer Horizon 2020 waren nur noch 75,9 Milliarden Euro veranschlagt. Das Parlament hatte 120 Milliarden gefordert, der Vorschlag der Kommission belief sich auf 100 Milliarden Euro.

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), sagte deshalb „harte Haushaltsverhandlungen mit uns im Europaparlament“ voraus. Bei der Ausrichtung des Haushalts auf zukunftsgerichtete Investitionen etwa in Bildung und Forschung werde das Parlament auf Nachbesserungen dringen, hatte sie nach dem Haushaltsbeschluss angekündigt.

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