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Forschungsförderung: Göttinger Skandal weitet sich aus

Nach Enthüllungen um manipulierte Publikationslisten geht es jetzt um finanzielle Ungereimtheiten auch an der Universität Kassel.

Im Skandal um einen Sonderforschungsbereich der Universität Göttingen gibt es neue Details. Neben Manipulationen von 16 Wissenschaftlern an ihren Publikationslisten geht es jetzt um finanzielle Unregelmäßigkeiten. Betroffen ist auch die Uni Kassel, an der ein Teilprojekt des Forschungsvorhabens zum Regenwald in Indonesien bearbeitet wird. Beanstandet werden Reisekosten für einen Forschungsaufenthalt in Indonesien, sagte Unisprecherin Annette Ulbricht am Montag dem Tagesspiegel. Ausgaben von 10 000 Euro für Übersetzungen und Taxifahrten hätten nicht belegt werden können. Die Belege seien nachgefordert worden, der Vorgang werde noch bearbeitet. Darüber hinaus gehe es um 1000 Euro für eine Büroausstattung, die nicht aus DFG-Mitteln finanziert werden durfte.

Klar sei jedoch, dass es sich „nicht um einen Verstoß gegen gute wissenschaftliche Praxis“ handele, sagte Ulbricht. Entdeckt worden seien die „geringfügigen Verstöße gegen die Abrechungspraxis“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Jahr 2007. Ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen habe den Verdacht von Unreglmäßigkeiten bestätigt. In einer Stellungnahme des Göttinger Präsidiums heißt es, die Uni habe seit September 2007 „Kenntnis über mögliche Probleme bei der Mittelbewirtschaftung in einem Teilprojekt des SFBs“ an einer beteiligten Hochschule. Unipräsident Kurt von Figura sagte dem Tagesspiegel, er betrachte die Kasseler Vorgänge als abgeschlossen. Weitere mögliche finanzielle Unregelmäßigkeiten am Sonderforschungsbereich (SFB) 552 würden aber noch von den internen Revisionen der Universität Göttingen und der DFG geprüft.

Das bestätigte die DFG. Ebenso wie Untersuchungen zu den Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens durch Mitglieder des SFB 552 dauere auch die Revision bezüglich der Verwendung bewilligter Fördermittel an, erklärte DFG-Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek. Beide Untersuchungen würden mit Nachdruck betrieben. Neuerliche Veröffentlichungen im „Spiegel“ böten zudem Anlass für weitere Überprüfungen.

Danach geht aus einem Gesprächsprotokoll des Leiters der Göttinger Finanzabteilung mit einer SFB-Mitarbeiterin hervor, dass die finanziellen Ungereimtheiten als „kreative Mittelverwendung“ gesehen wurde. Die Finanzabteilung habe angeboten, dem SFB zu helfen „überschüssige Mittel“ DFG-konform auszugeben, erklärt die Uni in ihrer Stellungnahme.

Im Raum steht der Vorwurf, dass mit SFB-Geldern Personal-und Anschaffungskosten anderer Uni-Institute beglichen wurden. Durch „interne (!) Umbuchungslisten“ seien Personal- und Anschaffungskosten anderer Uni-Institute dem SFB untergeschoben worden, heißt es. Dazu sagte von Figura lediglich, das sei Gegenstand der Prüfung. Innerhalb der Projektfinanzierung durch die DFG seien Umbuchungen zwischen Personal-, Sach- und Investionsmitteln in einem bestimmten Prozentsatz allerdings zulässig.

Laut „Spiegel“ könnten die Unregelmäßigkeiten über die in Kassel beanstandeten Beträge hinausgehen. Aus E-Mails und Sitzungsprotokollen gehe hervor, dass möglicherweise „mindestens 200 000 Euro für andere Aufgaben abgezweigt“ worden seien. Amory Burchard

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