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Miniaturmensch. Miteinander verbundene Gewebeproben dienen als Modell für die realen Körperfunktionen.

© TissUse GmbH

Forschungskooperation: Die Hauptstadt des simulierten Menschen

TU und Charité gründen ein Institut, in dem menschliche Körperfunktionen nachgeahmt werden.

Das Double hat Leber, Niere und Herz, Knochen, Knorpel und Haut, Knochenmark, Bauchspeichel- und Schilddrüse und sogar so etwas wie ein Gehirn. Von verblüffender Ähnlichkeit mit dem Vorbild, dem Menschen, kann man allerdings nicht unbedingt sprechen. Dennoch ist der kassettengroße Chip, auf dem Miniaturversionen der menschlichen Körperteile platziert und miteinander durch winzige Kanäle mit Nährflüssigkeit verbunden sind, die bislang bestmögliche Kopie menschlicher Physiologie. Eine Doublette, die an der Technischen Universität Berlin entwickelt wurde und an der sich etwa – besser als an jeder Versuchsmaus – erforschen lässt, welche Nebenwirkungen neue Wirkstoffkandidaten haben.

Ein Forschungsinstitut für den "simulierten Menschen"

Um solche Mensch-Simulationen weiterzuentwickeln, werden die TU und das Universitätsklinikum Charité zum ersten Mal gemeinsam ein Forschungsgebäude bauen und unterhalten. Das sei „etwas ganz Besonderes“, sagte Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft, am Donnerstag im Roten Rathaus. Das Wissenschaftshaus „Der Simulierte Mensch“ (Si-M) werde Kernstück des Bio- und Medizintechnologie-Campus sein, der auf einem Gelände im Wedding an der Ecke See- und Amrumer Straße entstehen soll. Vor Jahren sollte diese Brache noch verkauft werden, „inzwischen brauchen wir den Platz für die sich dynamisch entwickelnde Wissenschaft in Berlin“, sagte Krach.

Ende April hatte der Wissenschaftsrat den Si-M-Bau unter vielen anderen Bewerbern ausgewählt und dem Bund zur Förderung empfohlen. Er wird die Hälfte der dafür notwendigen 34 Millionen Euro im Rahmen des Programms für Forschungsbauten an Hochschulen finanzieren. Die andere Hälfte übernimmt das Land Berlin.

Auch wenn das Gebäude erst in fünf Jahren stehen wird, sollen die 48 geplanten Projekte und 33 Forschungsgruppen schon jetzt loslegen, versichern die beiden Initiatoren, Roland Lauster, Leiter der Medizinischen Biotechnologie der TU, und Andreas Thiel, Leiter der Arbeitsgruppe „Regenerative Immunologie und Altern“ an der Charité.

Ein "gutes Argument" für die gemeinsame Bewerbung um Exzellenzförderung

So soll beispielsweise die einzigartige, an der TU entwickelte 3D-Bioprint-Technik optimiert werden, mit der Leberzellen weltweit erstmals in der charakteristischen sechseckigen Struktur platziert werden können, die für die korrekte biologische Funktion nötig ist, sagt Lauster. Thiel hofft sogar, dass die Organ-Chips alsbald Krebspatienten der Charité helfen könnten, aus den verschiedenen Immuntherapien den für ihren Tumortyp passenden auszuwählen: Die diversen Optionen könnten auf ein paar Chips mit Tumorgewebeproben des Patienten durchgetestet werden statt am Menschen selbst.

Die Forschungsmittel für solche Projekte einzuwerben falle jetzt, mit dem Votum des Wissenschaftsrats im Rücken, leichter, sagt Thiel. Er schätzt, dass so mindestens zehn Millionen Euro Drittmittel in die Stadt fließen könnten. Auch für den Verbundantrag der vier Berliner Universitäten für die nächste Runde der Exzellenzförderung des Bundes sei die erfolgreiche Zusammenarbeit von TU und Charité im Si-M „ein gutes Argument“, sagte Karl Max Einhäupl, Vorstandschef der Charité.

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