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Jessica Magenwirth behandelt einen erkrankten Gorilla.

© Marcus Westberg

Forschungsreisen einer FU-Absolventin: Mit den Gorilla Doctors im Kongo

Gorillas im Kongo, Wildtiere in Kanada und bald eine Tierklinik in Thailand: Gleich nach ihrem Abschluss an der Freien Universität ist eine junge Berliner Tierärztin auf Wanderschaft gegangen, organisiert sich spannende Forschungsreisen.

„Kein Studium bereitet dich auf deine erste Arztprüfung an einem Gorilla vor“, schreibt Jessica Magenwirth auf der Webseite der Gorilla Doctors, der Organisation, bei der sie freiwillig arbeitete. Doch war es genau diese Herausforderung, der sie sich stellen musste: Wenige Wochen nach ihrem Studienabschluss in der Veterinärmedizin stand sie im Kongo einer Gruppe grauer Gorillas gegenüber.

Wenn man mit Jessica Magenwirth sprechen will, fällt eines sofort auf: Sie ist ständig unterwegs. Ihr Studium der Veterinärmedizin fing sie in Gent an, später ging sie nach Berlin. Von ihren Erfahrungen in Afrika erzählt sie per Skype aus Kanada, wo sie an einem Forschungsprojekt mitarbeitet. „Ich habe mir vorgenommen, in dem Jahr nach dem Studium verschiedene Erfahrungen zu sammeln“, sagt die 27-Jährige, die bis Ende März an der Freien Universität studierte.

Viele Freiwillige sitzen im Labor, sie streift durch den Urwald

Der Enthusiasmus, mit dem Magenwirth von ihrer Arbeit berichtet, ist sofort spürbar. „Ich hatte wahnsinniges Glück, dass ich überhaupt die Erlaubnis hatte, im Feld zu arbeiten“, sagt sie. Die Genehmigung für den Eintritt in die Nationalparks, in denen die Gorilla Doctors arbeiten, sei normalerweise schwer zu bekommen. Während die meisten Freiwilligen ihre Zeit im Labor verbringen, zog Magenwirth zusammen mit Doktor Eddy Kambale in den Urwald, um die Gorillas zu besuchen.

Im Kahuzi-Biega-Nationalpark im Kongo begegnete sie ihren ersten Gorillas. „Es ist ganz spannend, wenn ein Silberrücken in deine Richtung schlendert“, sagt sie. „Sie sind wirklich groß und die Art, wie sie sich bewegen, ist majestätisch.“ Den Sicherheitsabstand von sieben Metern habe sie selbst einhalten müssen, denn die Gorillas seien an den menschlichen Besuch zu sehr gewohnt. „Am Anfang konnte ich gar nicht auf die tiermedizinischen Dinge achten. Man braucht ein paar Tage, um das Ganze auf sich wirken zu lassen“, sagt die junge Tierärztin.

Zusammen mit lokalen Rangern und Trackern, die den Spuren der Gorillas folgen, besuchen die Gorilla Doctors einmal im Monat alle Gorillagruppen in den von ihnen betreuten Gebieten. Dabei kontrollieren sie die Gesundheit der Tiere aus der Distanz: Sie beobachten, wie sie sich verhalten, was sie essen, ob sie husten und ob die Jungen trinken. Außerdem fotografieren sie die Gesichter der Gorillas, um sie identifizieren und ihre Wege verfolgen zu können. „Die Falten auf der Nase eines Gorillas sind wie ein Fingerabdruck“, sagt Magenwirth.

Respekt von den "unfassbar ruhigen" Silberrücken

Die Gorilla Doctors greifen nur ein, wenn es wirklich notwendig ist. Etwa wenn ein junger Gorilla in die Falle eines Wilderers geraten ist. Die Ranger befreien das Tier, aber der Draht, mit dem er gefangen wurde, bleibt um seinen Arm geschnürt und kann für Infektionskrankheiten und Blutvergiftungen sorgen. Die Ärzte betäuben den Gorilla mit einem Blasrohr, um den Draht zu entfernen und die Wunde zu behandeln.

Gefährlich ist die Arbeit mit den Gorillas Magenwirth zufolge nicht, solange man sich den Tieren gegenüber respektvoll verhält. „Die sind unfassbar ruhig“, sagt sie. Die Ranger würden das Verhalten der Tiere genau kennen und ein Gewehr tragen, mit dem sie im Notfall Warnschüsse abfeuern können. Bei Gorillagruppen, die nicht an Menschen gewohnt sind, sei die Situation anders: „Die sieht man kaum, aber man hört sie sehr deutlich“, sagt sie. Die könnten plötzlich vor einem stehen und sich auf die Brust schlagen. In einer solchen Situation sei es wichtig, nicht wegzulaufen.

Eine Chance für die Batwa, traditionelles Wissen anzuwenden

Auch wenn die Arbeit mit den Gorillas abenteuerlich ist, hat sich Magenwirth in erster Linie aus inhaltlichen Gründen den Gorilla Doctors angeschlossen. Ihr gefällt etwa der „Onehealth“-Ansatz, nach dem eine bestimmte Tierart nur erhalten bleiben kann, wenn deren Umwelt gesund ist. Außerdem sind Wildtiere ein bedeutendes Reservoir für viele Krankheiten. Beschäftigt hat sich die Tierärztin auch mit dem Faktor Mensch. So wurde die lokale Batwa-Bevölkerung bei der Gründung der Nationalparks aus ihrem angestammten Gebiet vertrieben, viele der Tracker wiederum sind Batwa. „Man gibt ihnen damit eine Chance, ihr traditionelles Wissen anzuwenden“, sagt Magenwirth. Und das komme auch dem Artenschutz zugute.

Für Magenwirth ist das Abenteuer noch nicht vorbei: Im Moment beschäftigt sie sich in Kanada weiter mit der Gesundheit von Wildtieren und ihrer Umwelt. Sie hofft, ab Dezember ein halbes Jahr in einer Tierklinik in Thailand arbeiten zu können. Danach möchte sie ein Masterstudium oder eine Promotion beginnen – am liebsten irgendwo im Ausland.

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