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FREIE Sicht: Ein neuer Takt für die Semester

Von Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität

Das Sommersemester nähert sich dem Ende. In den meisten Universitäten der Welt sind die Studierenden schon sechs oder acht Wochen in der vorlesungsfreien Zeit, um Summer-Schools zu besuchen, Geld zu verdienen oder für Examina zu büffeln. Am 1. September werden sie zurückkommen und ihr Wintersemester um die Jahreswende herum beenden, um dann am 1. März in das Sommersemester zu starten.

Da bei uns alles anders ist, erschweren wir ihnen einen Studienaufenthalt in Deutschland ohne Zeitverlust und umgekehrt ist es für Deutsche nicht leicht, ein Auslandssemester in den anderen Rhythmus einzubauen. Auf dem Weg zur Internationalisierung des deutschen Hochschulsystems wird sich das ändern müssen. Die Kultusministerkonferenz und die Hochschulrektoren sind sich darin einig. Das Wintersemester 2010/ 2011 ist für die Umstellung vorgesehen, doch mehr als fraglich ist, ob das gelingt.

Bedenkenträger und Einwände allerorten. Bundeswehr, Zivildienst, Unternehmen, Eltern, Bafög, Schulferien – alles ist betroffen. Veränderungen bedeuten, dass man Gewohnheiten aufgibt. Vor allem in der Schule. Wenn am 1. September begonnen werden soll mit dem Studium, dann muss die Abiturnote sechs Wochen früher feststehen. Acht Länder sind dafür, acht dagegen. Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und, in Jahren mit frühem Ferienbeginn, auch Nordrhein-Westfalen halten das für unmöglich.

Zurzeit werden Auswege geprüft: Vorläufige Zulassungen aufgrund der Zwischenzeugnisse, späterer Beginn nur für Erstsemester, elektronische Übermittlung der Noten in NC-Fächern. Der Föderalismus steht auch hier einem Anschluss Deutschlands an den Rest der Welt im Wege. Dabei wäre alles ganz einfach: Auch die Sommerferien könnten internationalisiert werden, wenn nun die Ganztagsschule kommt: Drei Monate von Juni bis August, ein früheres Abitur, ganz einfach, weil auch das Schuljahr früh genug beginnt und nicht unablässig durch Ferien unterbrochen würde. Kaum zu erwarten, dass das klappt. Also weiter in zwei Welten: Der wirklichen großen und der kleinen deutschen des 19. Jahrhunderts mit Kartoffelferien, Halbtagsschule und Hitzefrei?

Der Autor ist Erziehungswissenschaftler und schreibt jeden dritten Montag über aktuelle Themen und Debatten.

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