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Das Risiko einer Frühchen-Geburt trifft nicht auf jede ältere Frau zu.

© picture alliance / Wolfgang Kumm

Frühgeburten: „Spät“ ist kein Kriterium

Mit über 35 drohen Schwangeren Frühgeburten. Grund ist aber nicht das Alter.

Wenn es sich erst mit Mitte 30 oder Anfang 40 so fügt, dass eine Frau schwanger wird, schwingt bei aller Freude oft auch die Besorgnis mit, ob ihr Kind gesund sein wird. Schließlich belegen Studien, dass mit dem Alter das Risiko für chromosomale Besonderheiten wie die Trisomie 21 zunimmt. Und Babys „später“ Mütter kommen auch häufiger zu früh, also vor der 37. Schwangerschaftswoche, und zu leicht, mit weniger als 2500 Gramm, zur Welt. Damit steigt das Risiko, dass die Neugeborenen unter Atembeschwerden, Herzproblemen und Beeinträchtigungen ihrer geistigen Entwicklung zu leiden haben.

Faustregel stimmt nicht immer

Einerseits untermauern die Daten von über 100 000 Geburten aus einem finnischen Register diesen Zusammenhang jetzt noch einmal eindrücklich: Mit 40 Jahren ist demnach die Wahrscheinlichkeit, ein Baby mit niedrigem Geburtsgewicht zu bekommen, doppelt so hoch wie mit Mitte bis Ende 20. „Ein Arzt, der nur das Alter einer schwangeren Frau kennt, kann es weiterhin nutzen, um die Geburtsrisiken abzuschätzen“, sagt Mikko Myrskylä vom Max-Planck-Institut für Demografische Forschung in Rostock.

Andererseits stimmt diese Faustregel nicht in jedem Fall. Für Frauen, bei denen frühere Schwangerschaften und Entbindungen ohne besondere Vorkommnisse verliefen, haben Myrskylä und seine Kollegin Alice Goisis von der London School of Economics gute Nachrichten: Das Risiko, dass ihr Kind zu früh oder zu leicht auf die Welt kommt, ist nicht erhöht.

Risikofaktor ist nicht das Alter, sondern die damit einhergehenden Lebensumstände

Herausgefunden haben die Forscher das, als sie gezielt Daten über diejenigen finnischen Familien untersuchten, in denen die Mutter in den Jahren zwischen 1987 und 2000 im Abstand von mehreren Jahren mindestens zwei Kinder bekam. Das Ergebnis, das jetzt im „American Journal of Epidemiology“ nachzulesen ist, kann auch zur Entlastung von Frauen über 35 Jahre beitragen, die ihr erstes Kind erwarten: Nicht das Alter selbst stellt ein Risiko dar. „Die wahren Ursachen für Frühgeburtlichkeit und geringes Geburtsgewicht könnten eher die individuellen Lebensumstände und Verhaltensweisen der Eltern sein, die deren höheres Alter mit sich bringt“, vermutet Myrskylä.

Welche Umstände das im Einzelnen sein könnten, darüber lässt die Datenlage laut Studie keine Aussagen zu. Denkbar ist aber, dass viele Frauen, die erst relativ spät eine Familie gründen, im Beruf stärker unter Stress stehen oder sich jahrelang ungesünder ernährt haben als der Durchschnitt der Jüngeren. Über die einzelne Schwangere, ob nun ganz jung oder etwas älter, ist damit aber nichts gesagt.

Generell ist Myrskylä ohnehin optimistisch, was die Geschicke der Familien betrifft, die erst relativ spät gegründet werden: „Studien belegen, dass die Kinder eher einen höheren Bildungsabschluss erreichen und dass die Mütter zufriedener sind.“

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