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Frühe Forscher. Mit Experimenten wird versucht, Kinder an die Naturwissenschaften heranzuführen.

© dpa

Frühkindliche Bildung: Spätestens mit zweieinhalb in die Kita

Zu Hause betreuen oder in die Kita schicken? Und vor allem ab wann? Experten diskutieren, was kleine Kinder weiterbringt.

Am Betreuungsgeld scheiden sich die Geister. So war es auch ein zentrales Thema im Wahlkampf geworden, die Positionen der Union und SPD schienen unvereinbar. Wenn es nach Wissenschaftlern geht, ist die Richtung klar: Das Betreuungsgeld ist eine schlechte Idee. Darin stimmte jedenfalls das Podium überein, das vergangene Woche die Frage „Wem gehört das Kind?“ bei der Helmholtz-Gemeinschaft in Berlin diskutierte.

Mit 100 bis 150 Euro sei ohnehin keiner Frau geholfen, die auf ein ganzes Gehalt verzichtet, gab etwa Fabienne Becker-Stoll zu bedenken, Direktorin des Staatsinstituts für Frühpädagogik in München. Sie plädierte dafür, aus entwicklungspsychologischen Erwägungen heraus lieber die heute bei maximal 14 Monaten liegende Erziehungszeit um ein paar Monate zu verlängern. „Denn es ist die Frage, ob die Kitas, wie sie heute sind, für Kinder unter 18 Monaten wirklich einen Entwicklungsvorteil bieten.“ Danach sei das allerdings anders: „Mit zwei bis zweieinhalb Jahren sollte ein Kind spätestens in eine Kindereinrichtung gehen!“

Dem stimmte der Chemiker, Buchautor und Kita-Mitarbeiter Salman Ansari zu, ein Gegner von zu viel Leistungsdruck in der Förderung kleiner Kinder. Eine reiche Nation wie Deutschland müsse sich hervorragende Institutionen für die Kleinsten leisten, in denen das freie Spiel großen Raum einnehmen sollte. „Eine Frühförderung, die gezielt bestimmte akademische Karrieren fördern möchte, ist nicht kindgemäß.“ Kinder, die in der ersten Lebenszeit wenig Beachtung gefunden haben, brauchten in der Kita allerdings mehr Struktur und Begleitung, wandte Becker-Stoll ein: „Sie sind im freien Spiel oft weniger kreativ.“

Die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, Deutschlands größte Initiative für frühkindliche Bildung, hat zu solchen Strukturen konkrete Vorstellungen entwickelt. Man wolle den Kindern vielfältige Angebote machen, sagte der Physiker Peter Rösner. „Ihre Talente, Begabungen und Interessen zeigen sich sehr früh.“ Rösner führte das Beispiel seines kleinen Sohnes an, der ihm einmal zu viel Zucker in den Kaffee geschaufelt hatte und anschließend fragte, ob und wie man den denn wieder herausbekommen könnte.

Steht diese Frage wirklich für ein frühes chemisches Interesse? Aus dem Publikum kam ein anderer Gedanke: Vielleicht habe dem Kind gar nicht an einer Erklärung des Prozesses der Osmose gelegen, sondern daran, den Vater zu besänftigen? Neben viel Faktenwissen brauchen seine Erzieher folglich Gespür für die Zielrichtung der Frage eines Kindes.

Um der Vielfalt der Anforderungen gerecht zu werden, fordern Experten die Akademisierung der Erzieher-Ausbildung. Für Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin, ist das aus einem weiteren Grund wünschenswert – Erzieher müssen dann besser bezahlt werden. Der Beruf wird also attraktiver. Was ansonsten viel bedeutsamer sei: „Zeit, Aufmerksamkeit und Ruhe!“ Auch in der Familie. Aus Allmendingers Sicht fehlt es daran häufig, wenn die Eltern zu viel oder längere Zeit gar nicht arbeiten. „Die Zufriedenheit der Mütter überträgt sich auf die Kinder, und Mütter wollen früh, aber nicht in Vollzeit wieder erwerbstätig sein.“

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