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Dass angehende Lehrkräfte öfter im Ausland studieren, fördert jetzt auch ein Programm des DAAD.

© dpa/Julian Stratenschulte

Gastbeitrag der TU-Vizepräsidentin: Schickt angehende Lehrkräfte ins Ausland

Im Lehramtsstudium kommt die Internationalisierung oft zu kurz. Dabei sollten Lehrkräfte ermutigt werden, über den Tellerrand zu schauen. Ein Gastbeitrag.

Internationalisierung von Hochschulbildung ist seit einigen Jahren ein wichtiges Thema für die strategische Entwicklung von Universitäten in Deutschland. Drei Ausgangspunkte sind dafür relevant: die Erwartung an Studierende, einen Teil ihres Studiums im Ausland zu verbringen; das wachsende Interesse ausländischer junger Menschen in Deutschland zu studieren und die treibende Anforderung des globalen Arbeitsmarkts an interkulturelle und sprachliche Kompetenzen. An den Universitäten wurden daraufhin unterschiedlichste Maßnahmen entwickelt. Die Lehrkräftebildung ist jedoch von diesen Veränderungen vielerorts noch relativ unberührt.

Lange Jahre wurde eine Internationalisierung der Lehrkräfteausbildung in Deutschland aufgrund der besonderen Studiums-, Praktika- und Berufsbedingungen kaum diskutiert. Inzwischen ist das Interesse an Internationalisierung deutlich gestiegen. Dies liegt vor allem daran, dass die Bedeutung der Professionalität des Lehrkräftepersonals bei wachsender Heterogenität in den Klassenräumen und der Stellenwert globaler Inhalte der Curricula enorm gestiegen ist. Professionalität bedeutet neben den notwendigen Fach- und pädagogisch-didaktischen Kenntnissen auch, souverän mit Verschieden- und Andersartigkeit umgehen zu können. Es bedeutet, implizite oder explizite Vorbehalte zu reflektieren, zu verstehen und das eigene (Unterrichts-)Verhalten bedarfsgerecht auszurichten. Für den Erwerb dieser Kompetenzen sind die Erfahrungen während eines Auslandsaufenthalts im Studium oder Berufsvorbereitendem Praktikum unersetzlich.

Die Lehramtsstudierenden selber spüren allerdings von der wachsenden Bedeutung der Internationalisierung ihrer Ausbildung wenig. Hapert es doch häufig an der Anpassung der universitären Maßnahmen an die besonderen Regularien in der Lehrkräfteausbildung. Dies erschwert die Integration internationaler Lehramtsstudierenden und die Vorbereitung auf einen Aufenthalt im Ausland hiesiger Studierender. Die Vermittlung von Studienmöglichkeiten oder Schulen im Ausland, an denen Praktika absolviert werden könnten, ist noch nicht in die Standardverfahren der Universitäten integriert. Ist es dann Studierenden doch möglich, während des Studiums ins Ausland zu gehen, fällt die Anerkennung der Leistungen den Hochschulen oder den involvierten staatlichen Behörden meist schwer.

Wir brauchen die Heterogenität

Viele Studierende wagen deshalb diesen Schritt erst gar nicht. Häufig haben die in der Lehrkräftebildung engagierten universitären Instanzen so viel mit der Umsetzung aktueller Reformprozesse wie neue Studiengänge oder Praxissemester zu tun, dass die Beschäftigung mit der Internationalisierung als zusätzliche Hürde und nicht als Bereicherung gesehen wird.

Doch die Tatsache, dass der DAAD jüngst ein attraktives Förderprogramm eigens für die Internationalisierung in der Lehrkräftebildung ausgeschrieben hat, zeigt, dass die Notwendigkeit der Internationalisierung in der Bundespolitik erkannt wird. Universitäten konnten sich mit innovativen Ideen um die Unterstützung von internationalen Partnern bewerben. Dadurch können Netzwerke entstehen und wertvolle Wege des Austausches.

Angela Ittel ist pädagogische Psychologin, seit 2014 Vizepräsidentin der Technischen Universität Berlin und seit Dienstag Vizepräsidentin des DAAD.
Angela Ittel ist pädagogische Psychologin, seit 2014 Vizepräsidentin der Technischen Universität Berlin und seit Dienstag Vizepräsidentin des DAAD.

© TU Berlin/David Ausserhofer

Auch bleibt weiterhin zu hoffen, dass die Integration von Lehrkräften, die als ausgebildete Pädagogen aus dem Ausland zu uns kommen, erleichtert wird. Im Ausland ausgebildete Lehrkräfte haben oft keine berufliche Heimat im deutschen Schulsystem. Viele Universitäten legen etwa aufwendige Programme auf, um die als Geflüchtete nach Deutschland gekommenen Lehrkräfte auf einen möglichen Schuldienst in Deutschland vorzubereiten. Diese Programme sind häufig so nachgefragt, dass die Anzahl der Bewerber*innen zehnmal so groß ist wie die zur Verfügung stehenden Plätze.

Vor diesem Hintergrund müssen wir es alle als unsere Aufgabe sehen, die Integration von Personen mit Auslandserfahrung als Aufwertung unseres Schulsystems zu verstehen. Dazu ist auch erforderlich, rechtliche Rahmenbedingungen und Anerkennungspraxen soweit zu flexibilisieren, um die Anerkennung von nicht in Deutschland erbrachten Leistungen und Abschlüssen zu erleichtern. Genauso sollten wir hiesige Lehramtskandidat*innen ermutigen, über den Tellerrand zu schauen. Wir brauchen die Heterogenität, um den Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden. Wir dürfen auch in politisch schwierigen Zeiten nicht verzagen, der Internationalisierung den Weg zu ebnen – in den Hochschulen, in der Politik und für die Studierenden.

Angela Ittel

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