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Der Zugang zur Promotion ist für Absolventen von Fachhochschulen schwieriger als für Universitätsabsolventen.

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Gastbeitrag: Mehr Qualität für den Doktor

Wer an Fachhochschulen studiert, hat einen schwierigeren Zugang zur Promotion. Dabei sollen Universitäten bei Promotionen stärker und verlässlicher mit Fachhochschulen zusammenarbeiten.

Für die nächsten Plagiatsfälle bei Dissertationen sind die Schuldigen schon gefunden. Es sind, wenn man George Turner in seiner regelmäßigen Kolumne glauben darf, die Fachhochschulen, die ein Promotionsrecht fordern und damit die Gefahr weiterer „Doktor-Inflation“ und Erosion akademischer Standards heraufbeschwören.

Wie sehen die Fakten zum Thema Fachhochschulen und Promotion aus? Von den 25 000 Promovierten pro Jahr kommt gerade mal ein Prozent von einer Fachhochschule, obwohl diese mehr als ein Drittel aller Studierenden ausbilden und sie auch in der anwendungsbezogenen Forschung zu wichtigen Institutionen geworden sind. Professoren an forschungsstarken Fachhochschulen betreuen zwar in durchaus nennenswerter Zahl Promovenden, die an Universitäten im In- und Ausland eingeschrieben sind (allein an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin werden derzeit gut 50 Promotionen betreut). Sie tun dies sicherlich mit größerer Sorgfalt als an manchen „Doktorfabriken“. Problematisch ist aber, dass die Zugänge zur Promotion für Masterabsolventen von Fachhochschulen trotz der formellen Gleichstellung der Abschlüsse nach wie vor intransparent und unkalkulierbar sind. Meist hängen sie von Zufällen wie persönlichen Kontakten zwischen Hochschullehrern ab. Ebenso intransparent und unkalkulierbar ist die Beteiligung von Professoren aus Fachhochschulen an Promotionsverfahren in den Universitäten.

Angesichts dieser Unsicherheiten kann das Studium an einer Fachhochschule für forschungsinteressierte Studierende zur Sackgasse werden. Das Qualifikationspotenzial der Gesellschaft wird damit nicht ausgeschöpft. Fachhochschulen haben so einen doppelten Wettbewerbsnachteil: im Wettbewerb um gute Studierende, weil sie ihnen keinen klaren Weg bis zur Promotion aufzeigen können, und im Wettbewerb um gute Mitarbeiter für Forschungsprojekte, weil sich Projektarbeit und Arbeit an einer Dissertation schlechter kombinieren lassen.

Bernd Reissert, Präsident der HWR Berlin.
Bernd Reissert, Präsident der HWR Berlin.

© Promo

Angesichts dieser Probleme stehen Forderungen von Fachhochschulen nach einem eigenen Promotionsrecht im Raum. Individuelle Regelungen, wie George Turner sie vorgeschlagen hat, reichen zur Lösung nicht aus. Notwendig, aber auch in Berlin noch gar nicht vorhanden sind stabile und verlässliche Kooperationsstrukturen von Universitäten und Fachhochschulen für Promotionsverfahren – etwa durch kooperative Promotionsprogramme oder gemeinsame Graduiertenschulen. Dass solche Kooperationen ohne Status- und Qualitätsprobleme funktionieren, zeigen die sieben kooperativen Forschungskollegs von Fachhochschulen und Universitäten, die derzeit vom Bundesforschungsministerium gefördert werden. Das Potenzial ist groß, wie die Zahl von über 90 Anträgen für das Programm gezeigt hat.

Der Wissenschaftsrat hat im Jahr 2010 die Universitäten daran erinnert, dass ihr exklusives Promotionsrecht eine Kooperationspflicht mit Fachhochschulen impliziert, und er hat die Einrichtung stabiler Kooperationsstrukturen angemahnt. Im Interesse der Sicherung des wissenschaftlichen Nachwuchses hat er empfohlen, die Verleihung des Promotionsrechts an Fachhochschulen in Kooperation mit Universitäten zumindest für solche Fächer zu prüfen, die zwar an Fachhochschulen, nicht aber an Universitäten existieren.

Qualitätssicherung für Promotionen ist ein ehrenwertes Ziel. Wer es ernsthaft verfolgt, sollte nicht auf Pappkameraden einprügeln, sondern ins Ausland schauen. Wie zahlreiche Fachhochschulen aus kooperativen Promotionen mit britischen Universitäten wissen, trägt die dort praktizierte Trennung der Rollen von Betreuern und Gutachtern erheblich zur Qualitätssicherung der Promotion bei.

Der Autor ist Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

Bernd Reissert

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