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Wissen: Gemeinsam gegen Krebs

Bessere Therapie für alle Europäer gefordert

3,2 Millionen Menschen müssen sich in Europa jedes Jahr mit der Diagnose Krebs auseinandersetzen, 1,7 Millionen sterben daran. Krebs ist die zweithäufigste Todesursache. Zugleich sinktJahr für Jahr die Todesrate, um acht Prozent für Frauen, um neun Prozent für Männer. Deutschland liegt, was die Sterblichkeit betrifft, allerdings nur im Mittelfeld, aus Skandinavien werden die besten Erfolge berichtet. Diese Zahlen waren beim ersten Europäischen Forum Onkologie vor kurzem in Berlin zu hören. Der Tagesspiegel war einer der Medienpartner.

„Wir brauchen in der Krebsmedizin mehr Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft“, sagte Ulf Fink, ehemaliger Berliner Gesundheitssenator und Kongresspräsident. Die Rahmenbedingungen bei Früherkennung, Diagnostik und Therapie seien innerhalb der Länder der EU noch sehr unterschiedlich. Europa müsse auf diesem Gebiet endlich mit einer Stimme sprechen, forderte auch der Strahlentherapeut Michael Baumann von der Uni Dresden, Präsident der European Cancer Organisation. Eine von der EU-Kommission gegründete „Europäische Partnerschaft für Maßnahmen zur Krebsbekämpfung“ will die Neuerkrankungen bis 2020 um 15 Prozent zu senken.

Auch bei der Früherkennung und Vorsorge liege Deutschland dabei bisher nur „im Mittelfeld“, sagte Karin Knufmann-Happe vom Gesundheitsministerium. Zwar hätten wir eines der ältesten und umfangreichsten Programme, doch mit Teilnahmequoten von 21 Prozent bei den Männern und 47 Prozent bei den Frauen könne man nicht zufrieden sein. Geplant sei ein Vorhaben, in dem Berechtigte schriftlich zur Darmspiegelung eingeladen werden, ähnlich wie zur Mammographie bei Brustkrebs-Früherkennung.

Früherkennung hat auch im Nationalen Krebsplan, der 2008 verabschiedet wurde, einen großen Stellenwert. Solche Pläne sollen bis 2013 in allen EU-Ländern aufgestellt sein. Raffinierter könnte die Früherkennung werden, wenn das Wissen über Vorboten von Krebserkrankungen steigt, die man im Blut entdecken kann. Die Helmholtz-Kohorte von 200 000 zu Beginn gesunden Bundesbürgern, deren gesundheitliches Geschick über Jahrzehnte verfolgt werden soll, kann hier wichtige Aufschlüsse bringen, hofft Otmar Wiestler, Direktor des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg. „Leider hat heute der Krebs bei der Hälfte aller Erkrankten schon Absiedlungen gebildet, wenn er entdeckt wird.“

Eine Verbesserung der Behandlungschancen soll in Zukunft vor allem die personalisierte Medizin bringen. Hinter dem einheitlichen Etikett „Brustkrebs“ oder „Lungenkrebs“ verbergen sich nämlich Krankheiten, denen recht unterschiedliche Pannen in der Steuerung des Zellwachstums zugrunde liegen. In zehn Jahren werde man so weit sein, 15 verschiedene Untergruppen für das bilden zu können, was heute noch pauschal Brustkrebs heiße, schätzt der Strahlentherapeut Baumann.

Schon heute gibt es in dieser Hinsicht Fortschritte, etwa bei Lungenkrebs. So weiß man, dass fünf Prozent aller Patienten mit dem nichtkleinzelligen Krebstyp Träger des ALK-Fusionsgens sind, das zur gefährlichen Aktivierung eines Proteins führt. Ihnen kann der Wirkstoff Crizotinib helfen. Gentests werden also immer wichtiger. Der Charité-Chirurg Peter Schlag hofft, dass genetische Untersuchungen von Krebserkrankungen die Einteilung nach Organen hinter sich lassen.

Zum Abschluss der Tagung verabschiedeten die Teilnehmer ein „Berliner Memorandum“, in dem bessere europaweite Zusammenarbeit, schnellere Umsetzung wissenschaftlicher Ergebnisse in die Praxis und transparente Kosten-Nutzen-Bewertungen gefordert werden. Adelheid Müller-Lissner

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