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Genetik: Traubengenom entschlüsselt

Resistenzen und Geschmack könnten verbessert werden.

Ein Genetikerteam unter französischer Leitung hat den Ruf des Landes als Welthauptstadt des Weins untermauert, indem es den kompletten genetischen Code der Pinot-Noir-Traube entschlüsselte. Vielleicht nicht überraschend entdeckten sie, dass diese Traube über zahlreiche Gene verfügt, die für Komponente codieren, die der Frucht ihren Geschmack verleihen.

Unter der beinahe halben Millionen DNA-"Buchstaben", die die Wissenschaftler zusammensetzten, stehen einige für Gene, die für Tannine und Terpene codieren - zwei Inhaltstoffe, von denen jeder Weinfreak sagen kann, dass sie einen guten Jahrgangswein ausmachen.

Die Sequenzierung ist die Arbeit eines Konsortiums französischer und italienischer Wissenschaftler unter der Leitung von Patrick Wincker, einem Genetiker bei Genoscope, dem französischen Sequenzierzentrum in Evry. Die vollständige Analyse der mehr als 30.000 Gene könnte bei der Züchtung von Arten mit neuen Geschmacksrichtungen oder verbesserter Resistenz gegen Schädlingsbefall helfen.

Es ist das erste Fruchtgenom, das entschlüsselt wurde, und das vierte einer Blütenpflanze. Es gibt obendrein Evolutionsgenetikern einen interessanten Einblick in die Ereignisse, die dazu führten, dass sich Blütenpflanzen in die zwei Hauptgruppen, die wir heute kennen, differenzierten.

Geschmackvoll

Weintrauben zeigen eine ganze Bandbreite genetischer Varianten. Die Forscher entschieden sich daher für die Pinot-Moir-Traube, die sowohl Burgunder als auch Champagner ihren Geschmack verleiht, und züchteten über mehrere Generationen eine Sorte mit der Bezeichnung PN 40024, die weniger Varianten aufweist.

Schließlich zerteilten sie das Genom in Millionen Fragente, sequenzierten diese und setzten den gesamten genetischen Code mittels eines Computerprogramms wieder zusammen, um das vollständige Genom zu erhalten. Die Ergebnisse veröffentlichte Nature online (1).

Die Sequenzierung erbrachte im Vergleich zu anderen Pflanzen, deren Genom bislang untersucht wurde, eine große Anzahl von Tannin- und Terpene-Genen, sagt Jean Weissenbach von Genoscope. Die untersuchte Sorte besitzt allein 70-80 Gene, die für Terpene codieren, fügt er hinzu. Sie eingehender zu studieren, könnte neue Geschmacksrichtungen erbringen. "Wir könnten möglicherweise Kombinationen der Gene finden, die einen neuen Geschmack hervorbringen", so Weissenbach.

Sich einen Geschmack genetisch zurechtzubasteln würde jedoch nicht direkt zum Ziel führen, da die Geschmacksrichtung auch von den Bedingungen, unter denen die Traube gewachsen ist und der Wein produziert wurde, abhängt. Und es gibt eine Menge genetischer Varianten, die das Team bislang nicht kennt. "Möglicherweise variieren die Geschmacks-Gene von Wein zu Wein, oder es werden zu einem bestimmten Zeitpunkt verschieden Gene exprimiert. Ebenso könnte es saisonale Unterschiede geben", sagt Weissenbach.

Weinbauern beim Kampf gegen Schädlinge zu unterstützen, könnte aussichtsreicher sein. Viele Traubenarten werden zum Beispiel vom Mehltau befallen, und die Gene zu ermitteln, die die Trauben schützen, könnte für die Züchtung resistenter Arten von Nutzen sein.

Korn und Traube

Evolutionsbiologisch betrachtet, weist das Traubengenom verräterische Anzeichen des entscheidenden Ereignisses vor etwa 250 Millionen Jahren auf, aufgrund dessen sich Blühpflanzen in zwei Hauptgruppen teilten: Dikotyle (zweikeimblättrige Pflanzen) wie Bäume, Obst und Gemüse und Monokotyledonen (Einkeimblättrige) wie zum Beispiel Weizen und Reis oder auch Orchideen.

Eine Volksweisheit bezüglich des Trinkens warnt davor "Korn und Traube zu mischen". Ein Vergleich der Genome ergab, dass sich das Traubengenom aus drei Vorgängergenomen zusammensetzt, was bei Monokotyledonen nicht der Fall ist. Gleiches gilt für das Genom der beiden weiteren entschlüsselten Dikotyle, der Pappel und Arabidopsis.

Aber während Evolutionsgenetiker dies in ihre Überlegungen einbeziehen und Winzer über neue Geschmacksrichtungen nachdenken, können die neuen Erkenntnisse über Jahrzehnte gepflegte Traditionen nicht ersetzen, merkt Weisenbach an. "Wir können vielleicht etwas für die Geschmacksvielfalt tun, aber die Qualität steht auf einem anderen Blatt."

(1) French-Italian Public Consortium for Grapevine Genome Characterization. Nature advance online publication, doi:10.1038/nature06148 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 26.8.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi:10.1038/news070820-13. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Michael Hopkins

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