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Wissen: Griff nach der Sternwarte

Die Wissenschaft diskutiert, wie sie am besten von Europa profitiert

Wie kann Deutschland zum Entstehen eines weltweit konkurrenzfähigen europäischen Forschungsraums beitragen – und darin eine Großmacht werden? Angesichts von Milliardenkosten für global angelegte Großvorhaben in der Forschung geht es darum, sich rechtzeitig gegenüber Indien und China – den aufstrebenden Großmächten in Wissenschaft und Wirtschaft – zu positionieren.

Auf EU-Ebene sind bereits Großprojekte identifiziert worden, die die europäische Forschung voranbringen sollen. Dazu gehört das „European Extremely Large Telescope“ im Rahmen der Südsternwarte, ein Netz vom Messstationen am Meeresboden um ganz Europa herum oder die Einrichtung von Sprachdatenbanken. Diese teils milliardenschweren Vorhaben sind auf einer „European Roadmap for Research Infrastuctures“ aufgelistet. Die EU–Staaten müssen allerdings noch entscheiden, woran sie sich wirklich finanziell beteiligen. Auf einer Konferenz in Berlin forderte jetzt Peter Strohschneider, der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, die Bundesregierung auf, zügig diese Prioritäten zu setzen. Nur dann könne Deutschland seinen Einfluss bei der Planung geltend machen. Überlegt werden müsse auch, welche deutschen Projekte in Konkurrenz zu EU-Vorhaben stehen – und ob man diese nicht besser gemeinsam umsetze. Seit langem wird etwa diskutiert, ob Deutschland eigene Forschungsschiffe braucht, wenn die EU-Staaten diese gemeinsam finanzieren könnten.

Schließlich muss auf europäischer Ebene entschieden werden, welche Vorhaben als erste umgesetzt werden. Das dürfte schwierig werden. Organisationen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat, die mit Forschungsförderung und Empfehlungen die Exzellenz voranbringen, gibt es nur in wenigen EU-Ländern. Und wenn die traditionell erfolgreichen Länder Frankreich, Großbritannien und Deutschland profitieren, wird es Proteste geben. Von anderen Ländern, die von der EU noch nicht einmal Fördergelder in der Höhe ihrer Beiträge zurückerhalten.

Die Präsidentin des Europäischen Forschungsrats (ERC), Helga Nowotny, warnte vor einer solchen Entwicklung, möchte jedoch nicht auf die Triebfeder des Wettbewerbs um die Exzellenz auf europäischer Ebene verzichten. Bei der unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeit in Europa dürfe nicht herauskommen, dass ganze Länder wegen mangelnder wissenschaftlicher Exzellenz herunterfallen, mahnte dagegen der Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Georg Schütte. „Wir brauchen eine klare Forschungspolitik auf europäischer Ebene.“

Profitieren könnten auch Nachwuchsforscher, sofern sie Stipendien erhalten, die sie an kein Land binden. Auslandsaufenthalte von Wissenschaftlern müssten bei der Altersversorgung im Heimatland angerechnet werden, forderte der Präsident der Humboldt-Stiftung Helmut Schwarz. Uwe Schlicht

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