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HIV: Das Aids-Virus früher behandeln

Die Weltgesundheitsorganisation stellt ihre neuen Leitlinien zur Therapie vor. Doch es gibt Kritik von der Deutschen Aids-Hilfe.

HIV-infizierte Erwachsene sollen bereits dann eine antiretrovirale Therapie (ART) bekommen, wenn ihr Immunsystem mit 500 T-Helferzellen pro Mikroliter Blut noch fast gesund ist und nicht erst, wenn deren Zahl auf 350 und weniger gefallen ist. Außerdem sollten alle Kinder unter fünf Jahren, schwangere und stillende Frauen sowie alle Menschen mit einem gesunden Partner die Medikamente bekommen. Das sehen die neuen Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor, die am Sonntag auf der Konferenz der Internationalen Aidsgesellschaft in Kuala Lumpur vorgestellt wurden. In Malaysia diskutieren noch bis Mittwoch etwa 5000 Wissenschaftler über neue Erkenntnisse zum Krankheitsverlauf, Therapien und Präventionsstrategien.

„Unsere neuen Richtlinien sind ein Schritt zu immer größeren Erfolgen“, sagte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan. Die frühe Therapie helfe Infizierten ein gesünderes, längeres Leben zu führen und das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Drei Millionen Todesfälle und 3,5 Millionen Neuinfektionen könnten so bis 2025 verhindert werden.

Die deutschen Leitlinien sehen bisher eine T-Helferzahl von 350 oder weniger pro Mikroliter Blut vor. Bestimmte Risikogruppen und Patienten, die es wünschen, können die antiviralen Mittel früher bekommen. Das sei auch angemessener, sagt Armin Schafberger von der Deutschen Aids-Hilfe. „Die WHO vermischt Prävention und Nutzen für die Patienten.“ Zwar senke die frühe Therapie das Übertragungsrisiko. Doch die Vorteile für den Patienten seien noch nicht ausreichend belegt. „Es gibt Hinweise, dass früh Therapierte weniger oft an Tuberkulose leiden. Das ist für Deutschland aber nicht ausschlaggebend.“

In der internationalen Start-Studie wird derzeit abgewogen, ob eine frühe Therapie vor zusätzlichen Erkrankungen schützt oder ob die Nebenwirkungen der Medikamente gravierender sind. Denn hat man einmal begonnen, müssen die Medikamente ein Leben lang kontinuierlich genommen werden. Ärzte verfolgen das Schicksal von tausenden Patienten, die früh bzw. spät starteten. „Die WHO prescht voran, statt auf verlässliche Daten zu warten“, sagt Schafberger. Wichtiger sei ohnehin, dass Patienten früher von ihrer Krankheit erfahren – und nicht erst, wenn ihr Immunsystem stark geschwächt ist. Ende 2012 nahmen nach WHO-Angaben weltweit 9,7 Millionen Menschen die Kombinationspräparate.

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