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Studierende auf dem Campus des Kings College in London.

© Reuters

Hochschulen in Großbritannien: Anti-Terror-Gesetz für britische Unis

Hochschulen sollen künftig „Islamische Gesellschaften“ auf dem Campus überwachen. Professoren haben dagegen protestiert - mit mäßigem Erfolg.

Wie stark darf der Staat die Hochschulen zum Kampf gegen den Terror verpflichten? Diese Frage hat in Großbritannien heftige Diskussionen zwischen der Koalitionsregierung und den Unis ausgelöst. Stein des Anstoßes ist ein neues Antiterrorgesetz. Dessen fünfter Teil sieht eine Verschärfung der „Prevent Strategy“ vor: Universitäten ebenso wie Gefängnissen und Sozialämtern soll gesetzlich vorgeschrieben werden, Radikalisierung und Extremismus zu verhindern. Staatliche Behörden sollen überprüfen dürfen, ob Hochschulen ihren Anti-Terror-Verpflichtungen nachkommen.

Vor knapp zwei Wochen hatten 500 Professoren in einem Brief an die Zeitung „Guardian“ gegen die „unnötigen und unüberlegten“ Paragrafen des Gesetzentwurfs protestiert. „Die beste Antwort auf Terrorakte gegen britische Bürger ist die Erhaltung und Verteidigung einer offenen, demokratischen Gesellschaft, in der Verhalten jeder Art wirkungsvoll herausgefordert werden kann“, warnten die um die Autonomie der Universitäten besorgten Professoren. „Mit drakonischem Durchgreifen gegen die Rechte von Professoren und Studenten wird die Regierung ihre Ziele nicht erreichen.“

Die "Flüssigkeitsbomber" trafen sich auch an der Uni

Das Thema ist seit Langem virulent. Großbritanniens Universitäten und die dort operierenden „Islamischen Gesellschaften“ (Islamic Societies) gelten zusammen mit den Gefängnissen als die gefährlichsten „Inkubatoren“ des Dschihadismus, spätestens seit 2006, als das Komplott der „Flüssigkeitsbomber“ aufflog, das zum Verbot von Getränkeflaschen bei Sicherheitskontrollen an Flughäfen führte. Ausgeheckt hatten es Londoner Studierende teilweise in Räumen der Uni. Berichte und Studien warnen seitdem vor den Extremisten in den Unis. So kritisierte der Politikwissenschaftler Anthony Glees von der Uni Buckingham 2007 die „Ignoranz und Laxheit“ der Unis gegen diese Umtriebe.

Das neue Gesetz verpflichtet die Hochschulen, Islamic Societies und andere Initiativen auf dem Campus aktiv zu überwachen. In einem Richtlinienentwurf heißt es: „Universitäten müssen ihre Verantwortung ernst nehmen und diejenigen ausschließen, die extremistische Ansichten verbreiten, die Terrorismus unterstützen oder zu ihm hinführen.“ Die Unis werden zum internen Informationsaustausch über extremistische Aktivitäten und zur Zusammenarbeit mit den regionalen Koordinatoren der Prevent Strategy verpflichtet. Kritikern zufolge bedeutet dies, dass Redetexte reisender Prediger vorab geprüft oder zensiert werden müssen.

Jetzt wird das Prinzip der akademischen Freiheit betont

Die Proteste der Professoren zeigten indes Wirkung. Ein von der Regierung angebotener Kompromiss verweist nun auf das übergeordnete Prinzip der akademischen Freiheit und auf das Bildungsgesetz von 1986, in dem die Redefreiheit an Unis gesondert verankert ist. Außerdem wurden die Umsetzungsrichtlinien für den neuen Gesetzesrahmen von der Zustimmung des Unterhauses abhängig gemacht. Mit diesen Änderungen wurde das Gesetz ohne Gegenstimmen vom Oberhaus gebilligt und wird rechtskräftig.

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