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Hochschulen: Sehnsucht nach der "alten Universität"

"Man geht ein nicht tragbares Risiko ein, wenn man nach der Promotion an der Uni bleibt!" Ulrich Herbert, Zeithistoriker an der Universität Freiburg, warnt vor einer wissenschaftlichen Karriere.

Die Chance, auch nur eine „Anwartschaft auf eine Professur“ zu bekommen, liege bei 30 Prozent, sagte Herbert jetzt beim Humboldt-Streitgespräch. Das sei eine Verkehrung der „Verhältnisse an der alten Universität“, als nur ein Drittel der Assistenten und Privatdozenten in den freien Arbeitsmarkt gehen musste – und in Schulen, Unternehmen oder Verwaltungen unterkam.

Ein Expertengespräch anlässlich des 200. Jubiläums der Berliner Universität über die Zukunft wissenschaftlichen Arbeitens und dann so ein Abgesang? Ob die Unis etwa zurückwollten zum Akademischen Oberrat, fragte Moderatorin Ulla Weidenfeld. „Wir müssen den 33-Jährigen eine Perspektive geben“, rief Herbert aus. Wenn nicht wieder Dauerstellen unterhalb der Professuren geschaffen würden, „kann ich Leute mit einer hervorragenden Promotion nicht halten“. In seine Klage über die Vermehrung drittmittelfinanzierter Zeitstellen zulasten von Professuren, die wegen der sinkenden Grundausstattung abgebaut werden, stimmte Jutta Allmendinger ein. Wer sich nach der Promotion von Projektstelle zu Projektstelle hangelt, „ist nicht mehr in dem Alter, in dem die Wirtschaft rekrutiert“, sagte die Direktorin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. Eine Drittmittelkarriere zwinge Nachwuchswissenschaftler, mitten in einem Projekt schon das nächste zu beantragen. Dies sei der Qualität der Forschung abträglich, sie brauche Zeit und finanzielle Sicherheit.

„Der Elfenbeinturm ist ein Wirtschaftsunternehmen geworden“, sagte Peter Wippermann vom Hamburger „Trendbüro“ und Professor für Kommunikationsdesign an der Uni Duisburg-Essen. Doch die Hochschulen drohten den Konkurrenzkampf um den hoch qualifizierten Nachwuchs gegen die Wirtschaft zu verlieren. Es sei interessanter, „auf dem globalisierten Arbeitsmarkt Geld zu verdienen“ – oft auch in unsicheren Karrieren, aber dafür schneller und mehr. Amory Burchard

Weitere Termine im Internet:

www.hu200.de

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