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Hochschulfusion: Banker trifft Polizist

Am kommenden Mittwoch verbinden sich zwei Hochschulen, die Anfang der siebziger Jahre im Westteil Berlins gegründet wurden: die Schöneberger Fachhochschule und die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege.

Auf der Internetseite der Berliner Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) werden die Tage erwartungsvoll heruntergezählt: „Noch 3 Tage bis zur neuen Hochschule!“, hieß es da am Sonntag. Denn am kommenden Mittwoch fusioniert die Schöneberger Fachhochschule auch offiziell mit der Lichtenberger Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR), an der das Land Berlin seine Polizisten und Verwaltungsfachleute ausbildet. Mit knapp 8000 Studierenden und 200 Professoren entsteht die drittgrößte Fachhochschule der Stadt.

Eine Hochschule, die mit ihren Schwerpunkten Wirtschaft und Recht ein einmaliges Profil habe, heißt es bei beiden Partnern. Nirgendwo anders könnten Studierende die Bereiche öffentliches und privates Management kombinieren. Absolventen können in Unternehmen oder der öffentlichen Verwaltung arbeiten – aber auch für gemeinnützige Einrichtungen wie Nicht-Regierungsorganisationen. Gerade weil die Grenzen zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor verschwimmen, ergänzten sich die Partner ideal, sagt FHW-Rektor Franz Herbert Rieger, der die Hochschule übergangsweise leiten wird. Die im Juli 2007 beschlossene Fusion sei daher von Anfang an eine „Liebeshochzeit“ gewesen. „Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin“ lautet die neue Bezeichnung. Das „Fach“ braucht nun nach einer Änderung des Berliner Hochschulgesetzes keine Fachhochschule mehr im Namen zu tragen.

Es verbinden sich zwei Hochschulen, die Anfang der siebziger Jahre im Westteil Berlins gegründet wurden. Während der Tagesspiegel nach der Gründung der FHW 1971 selten über ihre inhaltlichen Vorhaben berichtete, gab es umso öfter Auseinandersetzungen zwischen dem als links geltenden langjährigen Rektor Edgar Uherek und der Senatsverwaltung – etwa um Berufungen von Professoren oder um die rechtmäßige Durchführung der Gremien- und Rektorwahlen. Mitte der Neunziger habe die Hochschule einen „Turnaround“ geschafft, sagt Rieger. Heute sei sie „sehr auf ihre Abnehmersysteme eingestellt“, also die Bedürfnisse der Wirtschaft. Die FHW war eine der ersten, die einen MBA mit einer britischen Hochschule anbot.

Die 1973 gegründete Verwaltungshochschule spielte eine Sonderrolle – sie war der Innen-, nicht der Wissenschaftsbehörde untergeordnet. Die gehobenen Beamten sollten fundierter ausgebildet werden, lautete der Auftrag. Wie das gelingen könnte, darüber stritten Senat und Hochschule immer wieder. Die Innensenatoren beschwerten sich über die in ihren Augen zu theorielastige Ausbildung. So forderte Heinrich Lummer 1982, die Hochschule müsse bei den Polizisten „die Leistungsbereitschaft fördern und die Loyalität gegenüber den Zielen der Polizeiführung stärken“. Der damalige Rektor wies das empört zurück: So ausgebildete Beamte könnten „willfährige Werkzeuge eines totalen Überwachungsstaates werden“.

Nach der Wende zog die FHVR vom Kudammkarree in ihr heutiges Domizil in Lichtenberg, das Gelände der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung Berlin. Bereits 1996 und dann 2002 empfahl der Wissenschaftsrat, die Verwaltungshochschulen der Länder mit normalen Fachhochschulen zusammengehen zu lassen. Sonst seien die Verwaltungshochschulen auf Dauer nicht überlebensfähig. Denn es sei abzusehen, dass der Staat immer weniger Beamte einstellen werde. Für die FHW mahnte der Wissenschaftsrat an, sie müsse ihr Fächerspektrum erweitern. Doch obgleich sich FHW und FHVR schon vor Jahren für ein Zusammengehen aussprachen, zog sich die Fusionsdebatte lange hin.

Neben den Standorten in Schöneberg und in Lichtenberg residiert die Hochschule derzeit auch am Ostkreuz, wo die schon früher in die FHW eingegliederte Berufsakademie ihre Räume hat. Erst 2011 soll die Berufsakademie ebenfalls nach Lichtenberg ziehen. Das Land Berlin könne dann 1,6 Millionen Euro im Jahr an Mietkosten einsparen, sagt Rieger.

Wie kann die Hochschule bei der Entfernung zwischen den Standorten zu einer Einheit zusammenwachsen? Man entwickele derzeit „Arbeitsbeziehungen“, sagt Rieger. Das „Institute of Management Berlin“ der FHW soll Weiterbildungsangebote entwickeln, die die Stärken der beiden Partner zusammenbinden – wie einen Master „Public Management“, der sich an Manager in Organisationen wie dem Roten Kreuz richtet. Das Fernstudien-Institut der FHVR entwickelt künftig auch Angebote für die Wirtschaftsfächer in Schöneberg mit. Die FHW, die sich bisher als „City-Hochschule“ mit Präsenzzeiten verstehe, habe beim Long-Distance-Learning Nachholbedarf, sagt Rieger. Die Öffnung der Verwaltungsfächer für externe Studenten soll vorangetrieben werden. Als Beispiel nennt Rieger Studiengänge wie Sicherheitsmanagement, der von Wachdiensten nachgefragt werde. Der Asta der FHVR, der die Fusion stark kritisiert hatte, lobt inzwischen „die positive Zusammenarbeit der letzten Monate“.

Voraussichtlich im Herbst wird die Hochschule einen neuen Chef wählen. Die Hochschule bekommt dann eine Präsidialverfassung. Eine Findungskommission sucht derzeit Kandidaten. Die Dekane sollen hauptamtlich tätig sein. Die Leitung der Hochschule werde damit „professioneller“ sein als bisher, sagt Rieger. Tilmann Warnecke

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