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Harsche Kritik. Eine Expertenkommission bescheinigt der BTU Cottbus zu hohe Abbrecherquoten.

© BTU Cottbus

Hochschulfusion in der Lausitz: Abstiegsangst in Cottbus

Wissenschaftler der BTU Cottbus wehren sich gegen die geplante Fusion mit der Fachhochschule Lausitz. Sie erregt, dass der BTU schwache wissenschaftliche Leistungen attestiert werden.

In Brandenburg spielt Energie eine große Rolle. Das Land ist führend bei der Windenergie, die umweltschonende Verarbeitung der Braunkohlevorkommen ist ein großes Forschungsthema. Gehemmt wird die Dynamik durch den Geburtenrückgang und die Abwanderung leistungsstarker Menschen. Diese Chancen und Probleme bilden den Hintergrund für den radikalen Vorschlag der Wissenschaftsministerin Sabine Kunst, die Fachhochschule Lausitz in Senftenberg mit der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) zur „Energie-Universität Lausitz“ zu fusionieren.

Für 47 Cottbuser Professoren ist das ein bedrohliches Szenario. Eine Fusion sei „ein Experiment zur falschen Zeit am falschen Ort“, schreiben die Professoren an Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Ähnliche Versuche mit Gesamthochschulen seien in anderen Ländern gescheitert. Der Vorstoß von Kunst ist vorbereitet worden von einer Expertenkommission unter Leitung von Rolf Emmermann, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Geo-Forschungszentrums Potsdam. Der Unterschied ist nur: Emmermann hat nicht für eine Fusion plädiert, sondern lediglich für eine enge Kooperation zweier eigenständiger Hochschulen.

Senftenberg und Cottbus liegen etwa eine halbe Stunde Bahnzeit auseinander, so dass eine enge Kooperation kein unüberwindliches Hindernis darstellt. Für Aufregung sorgt jedoch in Cottbus die Tatsache, dass die Emmermann-Kommission der FH wesentlich bessere Noten gibt als der Uni. Die BTU biete in vielen Bereichen „keine befriedigenden Forschungsleistungen“. Trotz einer sehr guten Ausstattung sei es der Universität bisher nicht gelungen, ein klares Forschungsprofil zu entwickeln. Zudem gebe es in Mathematik und Physik nur geringe Absolventenzahlen. Im Maschinenbau und der Elektrotechnik leiste die Mehrheit der Lehrstühle keinen nennenswerten Beitrag zur Drittmitteleinwerbung.

Dagegen lobt die Kommission die Kraftwerkstechnik, die Fügetechnik und die Werkstofftechnik. Auch die Verflechtung von Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung sei bundesweit einzigartig. Weitere Erfolge werden etwa in der Rekultivierung ehemaliger Braunkohlegruben und der Wasserwirtschaft gesehen.

Die Fachhochschule lobt die Kommission gleich in mehreren Bereichen. Die Biotechnologie sei ein „Leuchtturm“. In den Ingenieurwissenschaften und der Informatik wird die intensive Betreuung der Studierenden gepriesen. Herausgestellt wird der Wissens- und Technologietransfer in die Unternehmen. Kleine und mittelständische Betriebe unterstütze die Fachhochschule „in hervorragender Weise“. 40 Prozent der Studienanfänger hatten keine allgemeine Hochschulreife. Dieser Zielgruppe Aufstiegsperspektiven zu eröffnen, stelle eine große Zukunftsperspektive für die Hochschule dar, heißt es. Damit könne einer weiteren Abwanderung aus der Region vorgebeugt werden.

Der Akademische Senat warnt vor übereilten Entscheidungen

Die Kommission schlägt vor, Uni und FH zu erhalten, aber jeweils mit nur drei eigenständigen Fakultäten. Zwei weitere Fakultäten für Architektur und Bauingenieurwesen sowie für Betriebswirtschaft und Wirtschaftsingenieurwesen sollten die beiden Hochschulen gemeinsam betreiben. Darüber hinaus könnten die Doktoranden in einem Kolleg hochschulübergreifend betreut werden. Eng zusammenarbeiten sollten Uni und FH auch bei der Gewinnung künftiger Studierender und der Studienvorbereitung. Für die Weiterbildung könnten sie in Kooperation mit der regionalen Wirtschaft eine gemeinsame Professional School gründen.

Der Präsident der Hochschule Lausitz, Günter Schulz, begrüßt die von Ministerin Kunst geplante Schaffung einer fusionierten Universität: „Das ist exakt der Weg, Dinge, über die wir seit Jahren schon diskutieren und die wir seit Jahren auf den Weg bringen wollen, endlich umzusetzen.“ Der Präsident der BTU Cottbus, Walther Zimmerli, dagegen laviert. Einerseits sagt er, der Emmermann-Entwurf für die Neuordnung decke sich „durchaus mit strategischen Überlegungen“ der BTU. Andererseits nennt er auch das Modell einer Lausitz-Universität, wie Kunst sie plant, „eine Chance, einen Aufschlag, der weiterführt“.

Der Akademische Senat (AS) der Universität wiederum wehrt sich gegen die harsche Kritik der Kommission. Sie sei in dieser pauschalen Form nicht angemessen. In einem eigenen Schreiben an Platzeck fordert der AS eine sachliche Auseinandersetzung – und warnt vor übereilten Entscheidungen.

So bekommt man einen Vorgeschmack auf die Auseinandersetzungen, die im Frühjahr zu erwarten sind. Dann legt eine zweite Kommission unter Vorsitz von Friedrich Buttler, dem ehemaligen Staatssekretär im brandenburgischen Wissenschaftsministerium, Reformvorschläge für alle Brandenburger Hochschulen vor.

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