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Steigende Studierendenzahlen. Ohne den Hochschulpakt von Bund und Ländern wäre die jahrelange Expansion nicht möglich gewesen.

© dpa/ picture alliance / Patrick Seeger

Hochschulpakt: Berliner Unis drohen Einbußen

Im neuen Hochschulpakt wird das Geld vom Bund anders verteilt als bislang. Das könnte eine Lücke in die Haushalte mancher Länder reißen.

Berlin könnte mit dem neuen Hochschulpakt jährlich eine hohe Millionensumme einbüßen. 30 bis 35 Millionen Euro weniger als bislang könnten vom Bund in Studienplätze fließen, ist aus Expertenkreisen zu hören. Der Berliner Senat stellt den Hochschulen aktuell über 144 Millionen Euro jährlich aus Paktmitteln zur Verfügung. Über die gesamt Laufzeit des bisherigen Paktes zwischen 2007 bis 2023 werden weit über eine Milliarde Euro vom Bund nach Berlin geflossen sein.
Auch Hamburg und Nordrhein-Westfalen drohen hohe Einbußen. Hintergrund ist, dass die Mittel aus dem bisherigen Pakt alleine nach der Zahl der von einem Land aufgenommenen Studienanfänger verteilt werden. Davon profitieren besonders Länder, die ihre Kapazitäten massiv ausgebaut haben. So wuchs die Zahl der Studienanfänger in Berlin gegenüber dem Jahr 2005 von 19.500 auf 31.000.
Die Zahl der Studienanfänger wird im neuen Hochschulpakt, über den Bund und Länder verhandeln, aber nicht mehr das einzige Kriterium sein. Weitere qualitätsorientierte Parameter wie die Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit, die Absolventenquote oder auch die Zahl der Professorinnen und Professoren an einer Hochschule sind im Gespräch. Die bei Studierenden besonders beliebten Stadtstaaten Berlin oder Hamburg würden dadurch hohe Millionensummen verlieren. Ihre Haushalte müssten mehr Geld zuschießen – ab 2020 tritt allerdings die Schuldenbremse in Kraft – oder die Hochschulen müssten sparen. Profitieren würden hingegen die ostdeutschen Länder, die im bisherigen Hochschulpakt eine Pauschale dafür bekommen, dass sie ihre Studienplätze nicht abbauen, sondern die Kapazitäten erhalten.

Es geht um bis zu 15 Milliarden Euro in sieben Jahren

Steffen Krach, Berlins Staatssekretär für Wissenschaft, sagte am Mittwoch: „Länder, die ihre Kapazitäten massiv ausgebaut haben, dürfen nicht bestraft werden.“ Außerdem müsse der neue Pakt auch auf den Fachkräftemangel bei Lehrkräften, Sozialarbeitern oder in der Pflege reagieren. Die Höhe der für Berlin zu erwartenden Einbußen wollte Krach nicht bestätigen.
Hamburg und Nordrhein-Westfalen wollten sich zu den Verhandlungen öffentlich nicht äußern. Zwar geht es um bis zu 15 Milliarden Euro, die aus dem neuen Pakt in den kommenden sieben Jahren fließen sollen. Eine öffentliche Debatte vor Ende der Verhandlungen soll aber verhindert werden, darauf haben sich Bund und Länder verständigt. Auch wird der Beschluss über den Pakt wieder nicht im Bundestag fallen, sondern bloß in der Gemeinsamen Wissenschaftskommission von Bund und Ländern (GWK). Die SPD-Bundestagsabgeordneten Wiebke Esdar und Swen Schulz haben das unlängst im Tagesspiegel kritisiert (hier zu ihrem Gastbeitrag).
Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler sagt wolkig: „Bei der Verteilung der Mittel müssen langfristige hochschulpolitische Aspekte ausschlaggebend sein, die finanzielle Planbarkeit ist uns aber auch wichtig.“ Noch steht aber nicht einmal fest, um welche Summe es geht. Im Koalitionsvertrag vereinbart ist zwar, die Mittel sollten auf dem jetzigen Niveau bleiben. Doch wegen der jährlichen Schwankungen ist unklar, was das heißt: 1,8 Milliarden oder 2,2 Milliarden? „Ich appelliere dringend an das Bundesbildungsministerium, das jetzt zu fixieren“, sagt Thüringens Staatssekretär für Wissenschaft, Markus Hoppe (SPD). „Die Hochschulen müssen sich auf die Eckdaten einstellen können.“

Der Beschluss könnte sich verzögern

Vor allem streiten sich die Länder mit dem Bund über die „Dynamisierung“ der Mittel. Sie wollen, dass die Mittel für den Pakt jährlich steigen, etwa um drei Prozent, die sich Bund und Länder teilen würden. Das lehnt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) ab. „Die Dynamisierung der Mittel ist aber wichtig, wenn der Kuchen nicht schrumpfen soll“, sagt Staatssekretär Hoppe mit Blick auf die regelmäßigen Tarifsteigerungen. Außerdem bekämen ja auch die außeruniversitären Einrichtungen seit vielen Jahren regelmäßig steigende Zuschüsse über den Pakt für Forschung und Innovation. Ob der neue Pakt tatsächlich wie geplant am 3. Mai in der GWK beschlossen werden kann und noch vor der Sommerpause die Ministerpräsidentenkonferenz passiert, ist aufgrund der weit auseinanderliegenden Interessen nicht sicher. Gelingt es nicht, müssten die Hochschulen bis zum Herbst auf Planungssicherheit, Beschäftigte mit Daueraufgaben noch länger auf Dauerstellen warten. Bayerns Wissenschaftsminister Sibler hofft, dass der „gordische Knoten schon vor der GWK-Sitzung durchschlagen wird, damit es eine entspannte Sitzung wird und der Zeitplan eingehalten werden kann“. Der Zeitdruck und die in vier Ländern in diesem Jahr angstehenden vier Landtagswahlen könnten zur Einigung beitragen.

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