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Das Luftschiff LZ 127 "Graf Zeppelin" hebt in Lakehurst bei New York zum Rückflug nach Friedrichshafen ab (Archivfoto vom August 1929). Es war Hugo Eckeners (1868-1954) ehrgeizigstes Projekt. Der Nachfolger des Erfinders und 1917 gestorbenen Firmengründers Ferdinand Graf Zeppelin wollte mit einem Luftschiff den Globus umrunden und so beweisen, dass ein Luftschiff einem Flugzeug überlegen ist. Mit der Reise in 20 Tagen um die Welt schrieb er Luftfahrtgeschichte.

© dpa

Im Luftschiff über den Polarkreis: Eine fast vergessene Sternstunde der Polarforschung

Rund neunzig Jahre vor dem Forschungsschiff Polarstern startete die Graf Zeppelin zu ihrer Arktisfahrt. Ein großes Ziel sollte das Luftschiff verfehlen.

Es waren eindrückliche Bilder, die sich im Juli 1931 den Forschungsreisenden an Bord der Graf Zeppelin auf der internationalen Arktisfahrt boten.

„Wer nicht das Polarland im Glanz seiner Gletscher, in der reichen Farbensymphonie seiner glitzernden Schollen und den oft phantastisch geformten Inseln und Vorgebirgen gesehen hat, weiß nichts vom Schönsten, was unsere Erde zu bieten hat“,schwärmte Luftschiffkommandant Hugo Eckener.

Der wachhabende Offizier Hans von Schiller war fasziniert vom Spiel des Lichts auf dem Schnee, auf dem er Eisbären und Walrosse aus den meist offenen Fenstern des Zeppelins beobachten konnte.

Hugo Eckener hatte als Direktor der Zeppelinwerke das Luftschiff für die Expedition zur Verfügung gestellt. Mit einem Team deutscher, sowjetischer und amerikanischer Geologen, Meteorologen, und Geographen, einer Vielzahl wissenschaftlicher Geräte, zwei Faltkajaks und einer Überlebensausrüstung für den Fall einer Havarie steuerte er die Graf Zeppelin am 24. Juli 1931 vom Flugfeld in Berlin-Staaken aus in die nordöstlich von Spitzbergen gelegenen weitgehend unerforschten Polarregionen.

Rendezvous im Eis

Mehrere Kameraleute und Journalisten begleiteten die Fahrt, die in der deutschen und internationalen Presse gefeiert wurde. Diese Arktisfahrt im “Internationalen Polarjahr 1931“ war die bis dahin größte internationale Expedition, die der Erkundung des nördlichen Eismeers diente.

Dass sie stattfand, war in erster Linie Walther Bruns, dem Generalsekretär der Aeroarctic zu verdanken, der die Expedition organisierte. Die Aeroarctic war eine internationale Studiengesellschaft zur Erforschung der Polargebiete mit Luftfahrzeugen, die 1924 von Walther Bruns unter Mitwirkung renommierter Arktisforscher gegründet wurde.

Gründungspräsident der Aeroarctic war der Polarforscher Fridtjof Nansen. Nach dessen Tod 1930 wurde Hugo Eckener sein Nachfolger.

Die geodätischen, meteorologischen und geografischen Resultate waren beeindruckend: „In 106 Stunden arktischen Flugs hat das Luftschiff die Arbeit geleistet, die auf normalen Expeditionen auf Eisbrechern nur in zwei bis drei Jahren vollbracht wird“, konstatierte der wissenschaftliche Leiter der Forschungsfahrt, der Direktor des Leningrader Arktisinstituts Professor Samoilowitsch.

Eine Meisterleistung war die Landung der Graf Zeppelin auf dem Wasser zwischen treibenden Eisschollen. Dieses nicht ganz ungefährliche Manöver verlief perfekt. Einem in der Nähe ankernden sowjetischen Eisbrecher konnte ein Postsack mit 50.000 Briefen, versehen mit den Zeppelin-Sonderstempeln, übergeben werden. Der Gewinn aus diesem Zusatzgeschäft war beträchtlich.

Arktistauglichkeit bewiesen

Am 31. Juli 1931 landete die Graf Zeppelin wohlbehalten auf dem Flugfeld in Berlin-Tempelhof – begrüßt von jubelnden Menschen. Aber ein Wermutstropfen blieb: Die Graf Zeppelin hätte problemlos über die nördlichste Begrenzung der Route hinaus in wenigen Stunden den Nordpol erreichen können.

Die Versicherungsprämien wären dann aber so exorbitant hoch gewesen, dass die Fahrt nicht hätte durchgeführt werden können. Das Risiko war den Versicherungsmanagern zu hoch: Drei Jahre zuvor war die Italia von Umberto Nobile auf der Fahrt zum Nordpol abgestürzt. Der Südpolentdecker Amundsen blieb auf der Suche nach den Überlebenden samt seinem Flugzeug für immer verschollen.

Doch der Erfolg der Graf Zeppelin zeigte Wirkung in fast allen Hauptstädten Europas. Jetzt, da die Arktistauglichkeit des Luftschiffs bewiesen war, musste der Weltverkehr mit Zeppelinen kein Traum mehr bleiben. Internationale Verbindungen waren möglich und in Bezug auf Schnelligkeit und Ticketpreise Ozeandampfern und Flugzeugen haushoch überlegen. Ob Afrika oder Asien, ob Australien oder Amerika – die Kontinente schienen einander näher gerückt zu sein.

Doch mit der Hindenburg-Katastrophe von 1937 und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs platzten die Träume vom weltumspannenden Luftschiffverkehr.

Quelle: Horst Kleinert, „Traumreisen mit dem Luftschiff. Aufstieg, Fall und Rückkehr der Zeppeline

Horst Kleinert war an mehreren verkehrstechnischen Machbarkeitsstudien der Bundesregierung beteiligt. Er leitete an der FU Berlin einen touristischen Studiengang und unterrichtete an der Beuth-Hochschule Berlin Betriebswirtschaft.

Horst Kleinert

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