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Im Wortlaut: Der offene Brief von Jochen Zimmermann an Sabine Kunst

"Märchenstunde der Ministerin": In einem offenen Brief rechnet Jochen Zimmermann, ehemals designierter Präsident der BTU Cottbus, mit Wissenschaftsministerin Sabine Kunst ab.

Sehr geehrte Frau Ministerin Kunst,

heute Abend habe ich Ihnen erklärt, dass wir in Fragen der Gründungspräsidentschaft der BTU Cottbus-Senftenberg nicht zueinanderkommen werden. Sachliche wie persönliche Gründe haben mich zu diesem Schritt bewogen. Ich hatte gehofft, eine gemeinsame wertschätzdende Basis für unsere Arbeit zu finden. Eine Haudrauf-Kommunikation hilft nicht, gemeinsame Probleme zu lösen. Bislang habe ich geschwiegen, dies will ich nicht länger tun.

Von Anfang an haben Sie den von mir und nahezu allen Teilen der Universität formulierten Fusionsplan nicht mitgetragen: ein disziplinärer Aufbau der neuen Universität unter Trennung ihrer anwendungsbezogenen und forschungsorientierten Teile. Sie hatten der Öffentlichkeit eine auf Energie- und Umweltfragen fokussierte Universität neuen Typs als Erfolgsmodell vorgegaukelt. In der Vorbereitung auf mein Amt ist mir immer klarer geworden, mit welchen politischen Instrumenten bei der Planung gearbeitet wurde und wie fernab jeder Realität Modelle und Entscheidungsgrundlagen des Ministeriums waren. Die von Ihnen angekündigte Einrichtung kann weder sinnvoll aufgestellt noch in ausreichender Größe betrieben werden. Nicht einmal im Ministerium hat es jemanden gegeben, der mir die hinter den Organisationseinheiten des neuen Typs stehenden Vorstellungen hat erklären können.

Nicht nur ich nehme mit großem Interesse wahr, wie das MWFK anlässlich meines Rückzugs von der Gründungspräsidentschaft die alte Raffke-Kampagne wiederzubeleben sucht. „Aufopferungsvolles Land Brandenburg gegen gierigen Professor“ ist auch ein wunderbares Rührstück. Wer sich aber in der Wissenschaftspolitik des Landes nur ein wenig auskennt, weiß um die Märchenstunde, in der er gelandet ist.

Der Kern meiner Frustration liegt nicht im Finanziellen, sondern in der mir immer aus Potsdam entgegengeschlagenen Widerständlichkeit und Unaufrichtigkeit – im Übrigen, dies sei der Klarheit halber gesagt, niemals an den Standorten Cottbus und Senftenberg. So bleibt auch Ihre jetzige Kommunikation auf der Linie des gesamten Fusions- und Findungsprozesses. Sie kennen den Grund meines Handtuchwurfs, aber haben einen anderen vorgeschoben. Bei Bedarf schicke ich Ihnen gerne noch die Email an Ihr Haus, in der ich die rechtlichen Grenzen für Verwaltungshandeln selbstverständlich akzeptiere – was auch sonst? Ihre diesbezügliche Erklärung vom letzten Donnerstag ist in dieser Hinsicht schlicht sachlich unrichtig.

Dass ich mit meinem Rückzug nicht gleich an die Presse gegangen bin, um noch einmal Gespräche führen zu können, haben Sie ausgenutzt, um einen falschen Zungenschlag in die Angelegenheit zu bringen. So kann man zwar kurzfristig Politik betreiben; dass Sie damit einer ganzen Universität, für die Sie politisch die Verantwortung tragen, schweren Schaden zufügen, scheint Ihnen ein nachgeordneter Gedanke. Der immer wieder fehlende oder unzureichende Rückhalt Ihres Hauses hat mich zu meinem Handeln veranlasst. Ihre für mich unehrenhaften Reaktionen und das heutige aggressive Gespräch bestärken mich in meinem Entschluss.

Für die Brandenburgische Technische Universität bedauere ich dies sehr. Gerne hätte ich mit den Kolleginnen und Kollegen gemeinsam eine gute neue Universität aufgebaut. Für deren in mich gesetztes Vertrauen bedanke ich mich.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Zimmermann

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