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Infektionswege: BSE-Erreger über Luft übertragbar

Mäuse können sich mit BSE anstecken, wenn sie die Erreger einatmen. Forscher sind sich noch uneins über die Bedeutung der Studienergebnisse.

Prionen sind Eiweißpartikel, die unter anderem als Ursache der „Rinderwahn“-Epidemie angesehen werden. Jetzt stellt sich heraus, dass sie auch über die Luft übertragbar sind. Das hat eine Studie von Forschern der Universität Zürich und des Friedrich-Löffler-Instituts in Tübingen ergeben. Diese bisher unerkannte Gefahr müsse auch bei den Sicherheitsvorkehrungen in Labors und Schlachthöfen beachtet werden, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Plos Pathogens“.

Bisher war bekannt, dass Prionen durch Essen, Blut, Milch, Urin und Fäkalien übertragen werden können. Die Forscher um Adriano Aguzzi belegen nun, dass auch kleine Partikel in der Luft die Eiweiße übertragen können. Sie setzten Mäuse, die in Inhalationskammern gehalten wurden, zerstäubten Gehirnen von Mäusen mit Prionenkrankheit aus. „Eine nur einminütige Exposition reichte aus, um 100 Prozent der Versuchstiere mit der Krankheit zu infizieren“, sagt Aguzzi. Je länger die Tiere diesen gefährlichen Nebel einatmeten, umso schneller hatten sie die Symptome der Krankheit. Die Forscher vermuten, dass die Prionen über Nervenzellen in der Riechschleimhaut direkt in das Gehirn wandern können.

„Die Arbeit zeigt deutlich, dass so eine Übertragung bei Mäusen möglich ist“, sagt Hans Kretzschmar vom Zentrum für Prionforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Die Frage ist: Welche Bedeutung hat das?“ Für Menschen kaum eine, ist Kretzschmar überzeugt. Bei manchen Prionenerkrankungen wie der „Chronic Wasting Disease“ bei Hirschen in Nordamerika und auch bei der Schafkrankheit Scrapie könne die Übertragung über die Luft eine Rolle spielen, sagt er. Beim Menschen und auch bei Rindern gebe es darauf aber keine Hinweise. „Es gibt zum Beispiel keine Häufung von BSE bei Menschen, die in Großbritannien in Schlachthöfen gearbeitet haben“, sagt Kretzschmar. Außerdem sei die Riechschleimhaut beim Menschen anders aufgebaut als bei Mäusen. Und auch Lothar Stitz, der am Friedrich-Löffler-Institut arbeitet und an der Studie mitgewirkt hat, glaubt nicht, dass der im Labor entdeckte Übertragungsweg in der Natur eine große Rolle spielt. „Es handelt sich dabei um Einzeltiererkrankungen, bei einer Übertragung durch Aerosole wäre eine Häufung von infizierten Tieren innerhalb einer Gruppe zu erwarten gewesen.“

Aguzzi mahnt dennoch zur Vorsicht. „Es empfiehlt sich, Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko einer solchen Prioneninfektion bei Mensch und Tier zu minimieren“, sagt er und rät, Sicherheitsvorschriften in Labors und Schlachthöfen zu überarbeiten. Lothar Stitz sieht das anders: „Eine Übertragbarkeit über Prionen durch die Luft in der Umwelt kann aus diesen Versuchen nicht direkt geschlossen werden.“ Darum müsse an den bestehenden Sicherheitsmaßnahmen auch nichts geändert werden. Die Versuche seien eher als „experimentelles Modell“ zu sehen, sagt Stitzl. „In der Natur sollten solche massiven Aerosole kaum vorkommen.“ Kai Kupferschmidt

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