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Weltweit, wie hier in der Virologie des San Matteo Krankenhauses in Rom, erforschen Wissenschaftler das neue Coronavirus - und tauschen ihr Wissen über alle Grenzen hinweg aus.

© Claudio Furlan/LaPresse/AP/dpa

Internationale Solidarität von Coronavirus-Forschern: Die wirklich unglaubliche Geschwindigkeit der Wissenschaft

Gibt es etwas Positives in dieser düsteren Krise? Ja! Die Wissenschaft steht im Rampenlicht. Und das muss so bleiben, auch nach der Pandemie. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sascha Karberg

Es erscheint fast zynisch, der Covid-19-Pandemie etwas Positives abgewinnen zu wollen, angesichts von mittlerweile über 20.000 Toten, drastischer Eingriffe in das öffentliche Leben und verheerender wirtschaftlicher Folgen für viele Unternehmen, Angestellte und Selbstständige. Doch manchmal wird etwas erst sichtbar, wenn sich der Hintergrund hinreichend verdunkelt.

Wie jetzt die Leistungen der Wissenschaft.

Beeindruckend ist nicht nur die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der Forscher das für diesen Ausbruch ursächliche Virus binnen weniger Tage erkannt haben. Und mit der sie es seither analysieren. Vor allem tun sie dies über alle nationalen Grenzen hinweg.

[Die neuesten Entwicklungen und Hintergründe zum Coronavirus können Sie hier in unserem Newsblog mitverfolgen.]

Hätten etwa chinesische Forscher die Erbgutsequenz von Sars-CoV-2 nicht sofort an die Kollegen in aller Welt weitergeleitet, hätte der Charité-Virologe Christian Drosten nicht so schnell den Test entwickeln können, den heute alle Welt verwendet, um Infizierte zu identifizieren.

Eine weltweit verständliche Sprache - die der Wissenschaft

Diese Kooperation steht im Gegensatz zum Verhalten der Nationalstaaten, deren Politiker zuallererst an die Belange der eigenen Nation denken, wenn es um die Beschaffung von Schutzausrüstung, Beatmungsgeräten oder Intensivbetten geht.

Dagegen arbeiten Forscher über die Grenzen hinweg. Sie starten multinationale Studien, um so rasch wie möglich herauszufinden, welche Medikamente gegen Covid-19 helfen könnten. Sie diskutieren, welche Impfstoffkandidaten die besten Aussichten haben. Und dabei sprechen sie eine Sprache, die jeder, weltweit, verstehen kann, der will: die der Wissenschaft, der Fakten, der Biologie und der Mathematik.

Für Forscher ist das seit jeher eine Selbstverständlichkeit. Charles Darwin etwa hätte seine Evolutionstheorie nie hinreichend begründen können, wenn er nicht im regen internationalen Austausch mit Dutzenden (meist Amateur-) Forschern gestanden hätte. Auch Alexander von Humboldt gilt als Pionier von „open access“ und geteiltem Wissen.

Hintergrund über das Coronavirus:

Beide Wissenschaftler dachten und handelten kooperativ – mitten in Zeiten von Kolonialismus und extremem Nationalismus. Und es waren Forscher, die als erste die tiefen Gräben zwischen den Völkern am Ende des Nationalsozialismus überwanden: Deutsche und israelische Forscher gingen nach 1945 aufeinander zu, lange bevor die Politik dazu in der Lage war.

Die eigene Karriere hintanstellen

Forscher wissen, dass sie nie alles wissen können. Zwar befinden sie sich in einem harten Wettstreit um Ressourcen und Anerkennung, dennoch haben sie dies in dieser Epidemie von Anfang an hintenangestellt. Sie wussten und wissen, dass der Austausch von Informationen buchstäblich überlebensnotwendig ist, um den Kampf gegen dieses Virus zu gewinnen.

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Sie stellen ihre Arbeitsergebnisse, die sie in China oder Italien zwischen sterbenden Patienten erheben, auf so genannten „Preprint-Servern“ wie „BiorXiv“ oder „MedrXiv“ frei zugänglich den Kollegen weltweit zur Verfügung. Obwohl für ihre Karriere am Ende nur zählt, was in Fachzeitschriften wie „Nature“ oder „Science“ veröffentlicht wurde.

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Doch das ist jetzt zweitrangig. So wie sie es in Kauf nehmen, sich beim Behandeln der Patienten oder beim Hantieren mit Abstrich-, Blut- und Stuhlproben einem hohen Infektionsrisiko auszusetzen und womöglich zu sterben - wie der 38-jährige Arzt Li Wenliang, der in Wuhan als einer der ersten vor den neuartigen Viren warnte.

Mehr Grundlagenforschung - weniger Folgekossten

So sehr Forscher und Ärzte jetzt, vor dem dunklen Hintergrund der Covid-19-Krise im Rampenlicht stehen mögen, so wenig dürfen wir nach dieser Pandemie vergessen, dass Wissenschaft und Medizin keine Selbstverständlichkeiten oder lästige Kostentreiber sind.

Nur etwas mehr Investitionen in die Grundlagenforschung – warum Viren auf den Menschen überspringen, wie wir sie aufhalten und unschädlich machen und welche Impfstoffe schützen können – hätten uns viele Milliarden Euro an Folgekosten dieser Pandemie womöglich erspart.

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