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INTERVIEW: Der Traum vom ewigen Leben

Herr Rosendahl, Sie sind Leiter des „German Mummy Projects“ am Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim. Hat Mumienforschung gerade Konjunktur?

Herr Rosendahl, Sie sind Leiter des „German Mummy Projects“ am Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim. Hat Mumienforschung gerade Konjunktur?

Wir sind nicht mehr die Exoten in der science community. Es ist sicherlich mehr geworden in den letzten Jahren.

Warum gerade jetzt?

Zunächst einmal hat sich einfach gezeigt, dass es viel zu erforschen gibt. Dann haben sich in den letzten Jahren auch die Methoden und Werkzeuge, mit denen wir arbeiten, entscheidend verbessert. Wir können jetzt unglaublich viele Details erkennen, ohne in die Mumie eingreifen zu müssen. Die Methodenentwicklung passte perfekt in diese Entwicklung der Mumienforschung hinein.

Sie haben vor vier Jahren in Mannheim eine erfolgreiche Mumienausstellung mit 200 000 Besuchern initiiert. Offensichtlich geht von Mumien eine große Faszination aus.

Wenn ich eine Mumie anschaue, sehe ich etwas, von dem ich genau weiß, es ist schon Jahrhunderte, Jahrtausende lang tot. Dennoch erinnert mich der Anblick immer noch an ein Lebensantlitz. Diese Brücke zwischen ewigem Leben und ewigem Tod, dieses Sich-Nicht-Entschieden-Haben für eine Seite spielt sicher eine Rolle.

Juristisch gesehen, ist eine Mumie ein Ding. Viele Menschen werden dieser Advokaten-Interpretation nicht folgen wollen und sehen in einer Mumie weiterhin einen Menschen. Wie gehen Sie als Wissenschaftler und Museumsmann damit um?

Eine Mumie ist sicher nicht bloß ein Ding. Mumienforschung sollte nie auf Teufel komm raus mit allen Möglichkeiten der Technik eine „Beprobung“ durchführen. Ein oder zwei Haare sind sicher kein Problem, wenn ich aber die Kopfhaut rasieren müsste, um eine Analyse zu machen, wäre das ein grober Eingriff in den bis dahin erhaltenen Zustand. Das sollte man nicht tun...

..weil es die Totenruhe stört?

Das würde ich nicht sagen. Unsere Geschichte basiert auf der Analyse von Gräbern, aus deren Untersuchung wird die Vergangenheit rekonstruiert. Leben, Tod und Verwesung – oder eben Mumifizierung – sind Teil einer Gesamtgeschichte, in die wir alle eingebunden sind. Deshalb kann man an Mumien forschen. Deshalb kann man sie - in entsprechendem Rahmen - auch präsentieren.

Heute lassen sich Menschen einfrieren oder plastinieren...

...es geht bei alle diesen Versuchen immer um den Traum vom ewigen Leben: Ich möchte nicht vergehen.

Die Fragen stellte Michael Zick.

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