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Japan: Fischernetze werden für Wale zur Falle

Erneut ist ein Westpazifischer Grauwal in einem japanischen Fischernetz verendet. Der Tod empört Wissenschaftler und Naturschützer, die befürchten, dass die bedrohte Tierart bald aussterben könnte. Unklar ist, warum solche Unfälle immer häufiger passieren.

Im Januar fanden Fischer den Kadaver eines jungen Walweibchens, das sich in der Bucht von Yoshihama im Nordosten Japans in einem Fischernetz verfangen hatte. Seit 2005 ist dies der vierte Wal, der vor der pazifischen Küste in ein Netz geraten und verendet ist. Alle vier waren Weibchen.

"Wir sind sehr besorgt wegen des Todes dieses Weibchens. Es gehörte zu einer der am meisten bedrohten Walpopulationen der Welt," sagte Carl Gustaf Lundin in einer Pressemitteilung am 1. Februar. Lundin leitet das "Global Marine Programme" der Weltnaturschutzorganisation IUCN, ein internationales Programm zur Rettung der Meere.

Die Population des Westpazifischen Grauwals, der entlang der asiatischen Pazifikküste wandert, ist durch den Walfang und andere Faktoren bereits im frühen 20. Jahrhundert fast ausgerottet worden. Sie hat sich nur langsam erholt, ist aber immer noch sehr schwach. Am anderen Ende des Pazifik, vor der Westküste der Vereinigten Staaten, geht es der Grauwal-Population aufgrund strenger Schutzmaßnahmen wesentlich besser. Nach Schätzungen der IUCN leben im Westpazifik nur noch etwa 120 Tiere, von denen nur 20 bis 25 fruchtbare Weibchen sind.

Bis 2004 wurden vor der Küste Japans über den Zeitraum von zehn Jahren lediglich zwei tote Westpazifische Grauwale gefunden. Beide waren gestrandet und wahrscheinlich eines natürlichen Todes gestorben, so Lundin.

Doch die Situation hat sich geändert — aber niemand weiß, warum. Selbst der Vorsitzende des IUCN-Ausschusses für den Westpazifischen Grauwal, Randall Reeves lässt verlauten: "Ich weiß nicht, ob sich die Fischerei-Technik oder das Verhalten der Fischer verändert hat." Einige Grauwale konnten lebendig aus den Fischernetzen befreit werden, andere waren bereits tot, als man sie fand.

Problembewusstsein seitens Japans

Die japanische Regierung hat das Problem der Wale, die sich in Fischernetzen verfangen, erkannt: Im Jahre 2001 erlaubte die japanische Fischereibehörde den Fischern den Verkauf des Fleisches von zufällig gefangenen Walen als Ausgleich für den am Netz entstandenen Schaden. Man lege allerdings Wert auf die Feststellung, dass dies nicht für Westpazifische Grauwale gelte, auch wenn es kein Gesetz gebe, auf das sich diese Politik stützen könne, so Ryoichi Nakamura, ein Vertreter der Walfangabteilung in der Tokioter Behörde.

2006 wies die Behörde die Fischer ein weiteres Mal an, das Fleisch irrtümlich gefangener Grauwale nicht zu verkaufen. Auch wollte man ein entsprechendes Gesetz erlassen. Dies ist jedoch bisher noch nicht geschehen.

Die Fischereibehörde wird den neuerlichen Waltod genau untersuchen und die Ergebnisse beim nächsten Treffen der Internationalen Walfangkommission vorstellen. Dass sofort darüber hinausgehende Schritte unternommen werden könnten, ist jedoch unwahrscheinlich. "Wir brauchen Maßnahmen, um solche zufälligen Fänge zu verhindern. Aber wir müssen noch die konkrete Vorgehensweise besprechen," so Nakamura.

Toshio Kasuya, ein pensionierter Wissenschaftler aus Tokio, der sich auf Meeressäuger spezialisiert hat, fordert mehr Initiative von seiner Regierung. Sie solle sich dafür einsetzen, dass mehr Anstrengungen unternommen werden, um Wale lebend aus den Netzen zu befreien. Und es müssen Technologien entwickelt werden, die verhindern, dass die Wale überhaupt in die Netze hineingeraten. Dazu, so fährt er fort, könnten Fangnetze dienen, die Warntöne aussenden.

"Bisher gibt es noch keinerlei erfolgversprechende Technologien," sagt Kasuya. "Und der Einsatz der Regierung ist bei Weitem nicht ausreichend."

Dieser Artikel wurde erstmals am 5.2.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. Übersetzung: Rainer Remmel. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Ichiko Fuyuno

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