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Bildungsministerin Schavan (l.) und NRW-CDU-Chef Röttgen sind in der Schulpolitik auf einer Linie.

© dpa

Kehrtwende: CDU will Hauptschule abschaffen

Nach der Atomkraft will die CDU nun endgültig einen weiteren langjährigen Kern ihrer Programmatik über Bord werfen: Das dreigliedrige Schulsystem. In Sachsen hat die Partei damit schon Erfahrung.

Die CDU plant eine Kehrtwende in ihrer bisherigen Schulpolitik. Neben dem Gymnasium soll es nur noch eine „Oberschule“ geben, die Haupt- und Realschule in sich vereint. Das sieht ein Bildungskonzept vor, das der Bundesvorstand der CDU am kommenden Montag verabschieden will und die Grundlage für einen entsprechenden Beschluss auf dem Bundesparteitag im November sein soll.

Derzeit gebe es „zu viele Schulformen, die Eltern, Schüler und Lehrer gleichermaßen verwirren, die Vergleichbarkeit innerhalb und zwischen den Ländern erschwert und die Mobilität behindert“, heißt es in dem 30-seitigen Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Der Bundesvorstand macht sich damit einen Vorschlag der Bildungskommission der Partei zueigen, die von Bundesbildungsministerin Annette Schavan und dem sächsischen Kultusminister Roland Wöller geleitet werden. Beide Minister hatten jüngst schon öffentlich angekündigt, dass sie der Partei den Abschied von der Hauptschule empfehlen wollten.

Ob die neue Oberschule flächendeckend auch zum Abitur führen soll, lässt das Papier offen. Die Oberschule solle „neben dem Gymnasium ein weiterer und gleichwertiger Bildungsweg“ sein, der „einen Weg entweder in die berufliche Bildung oder zur allgemeinen Hochschulreife eröffnen“.

Die CDU wolle darüber hinaus auch „integrative Systeme respektieren, wo dies dem Elternwillen entspricht“. Als weiterer Grund für das Aus für die Hauptschule wird die demographische Entwicklung genannt: Angesichts „rückläufiger Schülerzahlen“ sei eine „Weiterentwicklung der Strukturen im Bildungssystem“ nötig.

Die Bundes-CDU würde so eine Entwicklung nachvollziehen, die in den Ländern bereits seit längerem auf dem Weg ist. Der Osten hat nach der Wende sofort auf das zweigliedrige Schulsystem gesetzt, die Hauptschule gibt es dort also nicht.

Der Bundesvorstand wird Skeptiker des Vorstoßes also auch mit der Begründung überzeugen wollen, dass Sachsen mit seinem zweigliedrigen Schulsystem am besten bei Pisa abschneidet – noch vor Bayern und Baden-Württemberg. Aber auch in den großen westdeutschen Flächenländern rückt die CDU inzwischen von der Hauptschule ab.

Der neue NRW-Landeschef Norbert Röttgen signalisierte bereits zu Beginn des Jahres, dass die Hauptschule gegen den Willen vieler Eltern wohl nicht zu halten sei – wohl auch eine Reaktion auf die verlorene Landtagswahl, bei der die CDU noch auf die Hauptschule gesetzt hatte. In den CDU-geführten Ländern Niedersachsen und Hessen sollen Real- und Hauptschulen ebenfalls langfristig in „Oberschulen“ aufgehen.

Allein die Schwesterpartei CSU hält weiterhin an der Hauptschule fest, wie Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle am Mittwoch bekräftigte. Direkte Kritik an der CDU übte Spaenle jedoch nicht: „Ich habe Verständnis, dass einzelne Länder aufgrund eines dramatischen Schülerrückgangs darüber nachdenken, das differenzierte Schulwesen in anderer Form zu organisieren.“ Er betonte, dass die Bildungspolitiker der CDU nicht die Ausbildungsgänge von Haupt- und Realschule aufheben wollten, sondern beide unter dem organisatorischen Dach der Oberschule neu organisieren wollten.

In Bayern sieht Spaenle keinen Bedarf für eine Änderung. Für ihn seien die Schularten Haupt-/Mittelschule, Realschule, Wirtschaftsschule und
Gymnasium genauso wichtig wie die Fach- und Berufsoberschule. Hintergrund ist unter anderem, dass die bayerischen Hauptschulen trotz Schülerschwunds immer noch von einem wesentlich höheren Anteil der Kinder besucht werden als in den meisten anderen Bundesländern. (mit dpa)

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