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Abwasser fließt in einem Becken der Kläranlage in Kamp-Linfort.

© Arnulf Stoffel/dpa

Klärwerke als Frühwarnsysteme: Abwasser soll Hinweise auf Coronavirus-Dunkelziffer geben

In 20 deutschen Klärwerken sollen Proben auf das Coronavirus untersucht werden. Forscher erhoffen sich Aussagen über den Infektionsgrad der Bevölkerung.

Mit Abwasserproben will ein Team aus Wissenschaftlern und Kläranlagen-Betreibern Erkenntnisse über den Infektionsgrad der Bevölkerung in Deutschland mit dem Coronavirus gewinnen. Dazu sollen ab Mitte Mai aus etwa 20 Kläranlagen täglich Proben entnommen werden, um die Reste menschlicher Fäkalien auf das neuartige Coronavirus zu untersuchen, teilte die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) am Freitag in Hennef bei Bonn mit.

Ziel sei es, so nähere Aufschlüsse über die Dunkelziffer der Infizierten zu bekommen. „Das große Ziel ist es, so zu einem Frühwarnsystem zu kommen“, erläuterte DWA-Fachreferent Christian Wilhelm. Wenn sich in einem Kläranlagen-Bereich der Anteil der positiven Abwasser-Proben erhöhe, könne dies Rückschlüsse auf einen Anstieg der Infektionszahlen unter den Menschen in dem Einzugsgebiet zulassen. „Bis wir soweit sind, ist es aber noch ein weiter Weg“, betonte Wilhelm.

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Initiator des Projekts ist das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig, auch die TU Dresden ist beteiligt. Kläranlagen-Betreiber aus mehr als 20 Städten und Regionen, darunter Köln, Leipzig und Eifel-Rur, machen mit.

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Ähnliche Projekte zur Coronavirus-Forschung gibt es auch schon in anderen Ländern, zum Beispiel in Israel. Forschern in der Schweiz ist es bereits gelungen, das Coronavirus bereits in geringen Konzentrationen im Abwasser nachzuweisen. Jetzt arbeite ein Team der Eidgenössischen Technischen Hochschule an einem System, das einen möglichen Wiederanstieg der Fallzahlen früher anzeigen könne als klinische Tests bei infizierten Menschen. „Das Abwasser lügt nicht und spiegelt innerhalb weniger Stunden, was die Bevölkerung ausscheidet“, erklärt Experte Christoph Ort.

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Auch niederländische Wissenschaftler konnten das Coronavirus bereits im Abwasser feststellen. In einer Vorabveröffentlichung stellten Forscher des Wasserforschungsinstituts Nieuwegein (KWR) Ende März ihre Untersuchungsergebnisse vor, wie die „Pharmazeutischer Zeitung“ online berichtete. Die Arbeitsgruppe um Erstautor Gertjan Medema entdeckte Erbgutfragmente des Virus verschiedenen Kläranlagen niederländischer Städte.

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In einer Stadt ließen sich bereits Erbgutfragmente nachweisen, noch bevor dort Fälle von Infektionen bekannt wurden. Daher sehen die Forscher in der Abwasseruntersuchung Potenzial für ein Frühwarnsystem vor Coronavirus-Ausbrüchen. Zudem könne sich darüber möglicherweise die Zirkulation des Virus innerhalb der Bevölkerung verfolgen lassen.

Das Team untersuchte Abwasserproben auf bestimmte Genfragmente des Virus zu verschiedenen Zeitpunkten: Drei Wochen bevor der erste niederländische Covid-19-Fall bekannt war, konnten die Forscher keine viralen Genfragmente nachweisen. Circa eine Woche nach dem Bekanntwerden niederländischer Infektionen untersuchte das Team erneut Abwasserproben und konnte Fragmente bei vier von sechs Standorten nachweisen. Zehn weitere Tage später waren es sechs von sieben untersuchte Standorte. (dpa, lem)

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