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Klima: Mäuse können Treibhausgase riechen

CO2-Anstieg stinkt Mäusen: Biologen haben spezielle Nervenzellen identifiziert, mit denen Mäuse Kohlendioxid wahrnehmen.

Dank spezieller Nervenzellen in der Nase können Mäuse Kohlendioxid in Konzentrationen riechen, die nur unwesentlich über denen in normaler Luft liegen.

Minmin Luo vom National Institut of Biological Sciences in Peking und seine Kollegen identifizierten Nervenzellen, mit denen Mäuse Kohlendioxid wahrnehmen, wie in Science berichtet wird.(1) Der CO2-Level, über dem die Mäuse das Gas riechen können, liegt bei nur 0,066 % - etwa das Doppelte des durchschnittlichen CO2-Levels in der Atmosphäre (0,038 %), aber wesentlich unter der Konzentration in der Atemluft (4,5 %) oder der Konzentration, die für Menschen als sicher gilt (0,5 %).

Das Team identifizierte in der Nase der Mäuse Nervenzellen, von denen man bereits wusste, dass sie das Enzym Carbonanhydrase II (CAII) exprimieren. Diese Guanylyl-Cyclase-sensitiven Zellen reagieren auf CO2.

Menschen sind nicht in der Lage, Kohlendioxid zu riechen, aber andere Tiere haben bereits ihre Fähigkeit bewiesen, relativ hohe Konzentrationen des Gases zu riechen. Insekten können CO2 ebenfalls wahrnehmen, allerdings über Membranrezeptoren und nicht mit etwas, dass man annähernd als "Nase" bezeichnen könnte.

Luos Forschungen hingegen erbrachten zu seiner eigenen Überraschung, dass Mäuse das Gas tatsächlich riechen. "Das hatten wir nicht erwartet", sagt er. "Die meisten Menschen gehen davon aus, dass CO2 geruchlos ist. Es gilt als Reiz-, nicht als Geruchsstoff."

Es liegt was in der Luft

Werden Mäuse steigenden CO2-Konzentrationen ausgesetzt, verändert sich ihr Verhalten: Wenn sie die Wahl haben, meiden Mäuse Orte mit CO2-Konzentrationen über 0,2 %.

Das könnte bedeuten, dass ein durch den Klimawandel verursachter CO2-Anstieg in der Atmosphäre (vorausgesagt werden 0,05-0,1 % bis 2100) Veränderungen im Verhalten von Mäusen nach sich ziehen könnte. "Es wird Auswirkungen auf das Verhalten geben", meint Luo, doch in welcher Form sich diese Auswirkungen zeigen werden, ist unklar.

Luos Kollege Peter Mombaert von der Rockefeller University in New York ist der Ansicht, dass Mäuse sich an einen geringfügigen CO2-Anstieg anpassen werden. "Das tun wir ebenfalls", erklärt er. Die Alternative wäre, dass Mäuse furchtsamer oder aggressiver würden.

Bruce Kimball vom United States Department of Agriculture, Agricultural Research Service in Maricopa, Arizona, untersucht die Auswirkungen von CO2-Anstiegen auf Pflanzen, die er unter künstlich erhöhten CO2-Konzentrationen hält. Er weiß eine Menge Geschichten von Mäusen zu erzählen, die sich bei ihm "einnisten, Kabel annagen und auf Schaltbretter pinkeln", wie er sagt, aber wirklich ungewöhnliches Verhalten hat er nicht beobachtet.

Weitere Forschung

Trotz ihrer Sensitivität laufen Mäuse nicht Gefahr als Alarmmelder für CO2-Anstiege benutzt zu werden. Dazu müssten sie gentechnisch so verändert werden, dass sie auf keine anderen Gerüche mehr reagierten, erklärt Mombaerts. Keine sehr praktikable Lösung - zumal es bereits Sensoren gibt.

Nach Luos Ansicht ist es zu früh, mögliche Auswirkungen ihrer Entdeckung abzusehen. Wesentlich scheint ihm, dass dieser Teil des Geruchssinns, den er ebenfalls bei Ratten und Katzen finden konnte, für Säugetiere wichtig zu sein scheint.

Luos Team wird als nächstes über die exakten zellulären Mechanismen forschen. Dass bei Menschen, die das Gas nicht riechen können, die Gene, die für das entscheidende Protein codieren, ebenfalls vorhanden aber defekt sind, findet Mombaerts "faszinierend".

(1) Hu, J. et al. Science 317, 953-957 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 16.8.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi:10.1038/news070813-9. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Katherine Sanderson

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