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Kolumne: Aha: Warum nisten sich Ohrwürmer bei uns ein?

Mit neuronalen Endlosschleifen kennt sich Eckart Altenmüller aus. Aber in diesen Tagen hat es auch ihn erwischt: Plötzlich war der Wurm drin!

Mit neuronalen Endlosschleifen kennt sich Eckart Altenmüller aus. Aber in diesen Tagen hat es auch ihn erwischt: Plötzlich war der Wurm drin! Nach dem Tod des Popstars Michael Jackson und einem langen Arbeitstag setzte sich der Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musikermedizin in Hannover mit seinen Kindern zusammen, um noch einmal den „Earth Song“ auf Youtube zu hören. Eine eingängige Melodie, dazu die grandiose Performance von Michael Jackson bei seinem Münchenkonzert. „Ich habe das Stück nicht mehr aus den Ohren gekriegt“, sagt der Neurologe.

Ohrwürmer sind für diese Hartnäckigkeit bekannt. Ob Michael Jacksons „Earth Song“ oder Rio Reisers „König von Deutschland“ – welche Musik in die Endlosschleife gerät, lässt sich kaum vorhersehen. Es gibt viele Lieder mit einfachem Refrain und einprägsamem Text, die man schon oft gehört hat und mitsingen kann. Altenmüller hat Tests mit 70 Probanden gemacht, um herauszufinden, welche Stücke sich besonders leicht im Kopf festsetzen. Abgesehen von „Yesterday“ und „Eleanor Rigby“, beide von den Beatles, gab es keine Überschneidungen.

Was an akustischen Reizen von außen einwirkt, gelangt über verzweigte Nervenfasern und Umschaltstationen zum Großhirn. Die Zahl der neuronalen Verbindungen, die ins Gehirn hinein- und wieder hinausführen, ist allerdings viel kleiner als die der internen Verschaltungen. Unser Gehirn beschäftigt sich vor allem mit sich selbst. Ständig werden alte Eindrücke aufgefrischt, Erinnerungen umgeschrieben, Außenreize damit verglichen und mit Gefühlen verknüpft.

Nur ein Bruchteil dessen, was wir hören, passiert den Filter des Kurzzeitgedächtnisses. „Aber wir haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis für Melodien“, sagt Altenmüller. „Es ist, ähnlich wie Gerüche, stark an Emotionen gebunden.“ Musikstücke, die einmal in den Langzeitspeicher gelangt sind, verschwinden so schnell nicht mehr daraus, auch wenn wir sie zuletzt vor 20 Jahren gehört haben. Thomas de Padova

Eine Auswahl der Aha-Kolumnen von Thomas de Padova ist soeben als Taschenbuch erschienen: „Wissenschaft im Strandkorb“ (Piper Verlag, 160 Seiten, 7 Euro)

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