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Kolumne: AhA: Warum werden Heuschrecken zur Plage?

Wissen Sie, was passiert, wenn man eine Wüstenheuschrecke kitzelt? Wenn man immer wieder mit einem Pinsel über die Borsten ihrer Sprungbeine streicht?

Wissen Sie, was passiert, wenn man eine Wüstenheuschrecke kitzelt? Wenn man immer wieder mit einem Pinsel über die Borsten ihrer Sprungbeine streicht? Der Kitzelreiz macht aus dem sesshaften Insekt einen wandernden Plagegeist. Die Wüstenheuschrecke Schistocerca gregaria ist eigentlich ein Einzelgänger. Da ihr Lebensraum karg ist, hält sie sich von Artgenossen fern und denkt nicht daran, die wenige Nahrung, die sich etwa in der Sahelzone findet, mit anderen zu teilen. Sind die Witterungsbedingungen aber günstig, nutzen Heuschrecken diese Chance, um sich rasant zu vermehren und zu verbreiten.

„Ein Weibchen kann etwa 100 Eier legen“, sagt Hans-Jörg Ferenz, Insektenphysiologe und Heuschreckenforscher an der Universität Halle. Die aus den Eiern schlüpfenden Insekten durchlaufen mehrere Larvenstadien. Zunächst hüpfen sie in Gruppen umher, nach der letzten Häutung werden aus den Hoppern geflügelte Insekten. Die etwa 50 neuen geschlechtsreifen Weibchen legen wiederum 100 Eier. „So baut sich schnell eine riesige Population auf.“

Wenn das Gedränge auf den knapper werdenden Nahrungspflanzen größer wird, berühren sich die Insekten vor allem an den Hinterbeinen. Der ständige Körperkontakt löst eine Metamorphose aus. Die Konzentration des „Glückshormons“ Serotonin steigt, die Färbung verändert sich: aus den einzelgängerischen, grünlich-braunen Lebewesen werden gesellige, gelb-schwarze Schwarmheuschrecken. Der Kitzelreiz ist nicht der alleinige Auslöser dafür. Auch Duftstoffe ihrer Artgenossen spielen eine Rolle bei der Verwandlung. „Aber der mechanische Reiz ist dominant“, sagt Ferenz.

In Scharen brechen die Tiere nun gemeinsam zu neuen Weidegründen auf. Jedes Insekt kann an einem Tag etwa so viel fressen, wie dem eigenen Körpergewicht entspricht. Ein Schwarm aus Millionen Heuschrecken frisst im Nu die Palmen und Zitrusfrüchte einer Oase, den Mais und die Hirse der Bauern in bewässerten Gebieten kahl. Fliegende Schwärme zu bekämpfen ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Man muss sie frühzeitig beobachten und eindämmen, wenn das große Killekille beginnt. Thomas de Padova

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