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Sabine Kunst ist seit 2016 Präsidentin der Humboldt-Universität.

© Matthias Heyde/HU

Konflikt um Jörg Baberowski: „Das ist der Humboldt-Universität unwürdig“

Auf der Sitzung des Akademischen Sentas war der Streit um Geschichtsprofessor Baberowski Thema. HU-Präsidentin Sabine Kunst rief die Uni-Mitglieder zur Ordnung.

Sabine Kunst, die Präsidentin der Humboldt-Universität, hat sich erstmals öffentlich zu den jüngsten Auseinandersetzungen an der Universität geäußert. In der Sitzung des Akademischen Senats (AS) am Dienstag bezeichnete Kunst den „öffentliche Schlagabtausch“, der derzeit stattfinde, als der HU „unwürdig“. „Die Entgleisungen einzelner Mitglieder werfen ein schlechtes Licht auf die Universität“, sagte Kunst.

Kunst erwähnte dabei zwar den Namen des HU-Geschichtsprofessors Jörg Baberowski nicht, es war aber klar, dass es dabei um seinen Konflikt mit Studierenden geht. Kunst betonte, dass Hate Speech, Rassismus und Sexismus an der Uni keinen Platz hätten.

Die HU-Studentinnen Bafta Sarbo und Juliane Ziegler hatten Baberowski angezeigt, da dieser sie auf Facebook als „linksextremistische Fanatiker“ und „unfassbar dumm“ bezeichnet hatte. Sie hatten sich zuvor kritisch über ein von Baberowski geplantes Zentrum für Diktaturforschung geäußert, das vorerst gescheitert ist.

Baberowski bekräftigte im Tagesspiegel seine Aussagen und führte einen Retweet Sarbos an, in der diese ein abgewandeltes Ulrike-Meinhof-Zitat als „sehr gut“ bezeichnete. Der Retweet erfolgte allerdings erst zwei Wochen nach dem Facebook-Beitrag Baberowskis.

Wissenschaftsfreiheit das „höchstes Gut“

Sabine Kunst verurteilte im AS Tweets, die zur Gewalt aufrufen, „aufs Schärfste“. Freie Meinungsäußerung sei wichtig, doch hätten die Mitglieder der Uni auch eine hohe eigene Verantwortung, sich nicht beleidigend zu äußern. Dies gelte für „alle Statusgruppen, vom Professor bis zur Studentin.“ Die HU stehe für Freiheit, Toleranz und gegenseitige Anerkennung. „Das ist Voraussetzung dafür, dass sich jedes Mitglied der Uni ohne Angst äußern kann“, so Kunst. Bisher habe die Uni noch keinen guten Weg gefunden, mit Beleidigungen und Diffamierungen in den sozialen Medien umzugehen.

Kunst bezeichnete außerdem die Wissenschaftsfreiheit als „höchstes Gut“. „Wir müssen Differenzen aushalten und in einen universitären Diskurs überführen.“ Eine entsprechende Stellungnahme des Präsidiums der HU ist auch auf der Webseite der Uni publiziert. Die AS-Mitglieder reagierten auf die Äußerungen Kunsts mit starken zustimmenden Klopfen und vereinzeltem Applaus - mit Ausnahme der Studierenden.

Baberowskis Namen erwähnte die Präsidentin nicht, da sie sich in öffentlichen Sitzungen nicht über einzelne Personen äußern wolle. Auch die Namen der beteiligten Studentinnen nannte Kunst in ihrem Statement nicht, das sie zu Beginn des öffentlichen Teils des Gremiums hielt.

Studierende verteilten Zettel

Dass Kunst Baberowski nicht explizit nannte, wurde von mehreren Studierendenvertretern im AS kritisiert. Sie forderten eine öffentliche Solidarisierung mit Sarbo und Ziegler, so wie die Universitätsleitung sich 2017 nach Konflikten mit Studierenden öffentlich hinter Baberowski gestellt hatte. Damals hatte ein Gericht entschieden, dass der Asta der Uni Bremen Baberowski als „rechtsradikal“ bezeichnen dürfe.

Juliane Ziegler äußerte die Hoffnung, dass es bei Kunsts Aussprache gegen Rassismus nicht nur bei einem „Lippenbekenntnis“ bleibe. Die HU müsse sich von Professoren wie Baberowski distanzieren. Es sei ein Unterschied, ob ein Professor mit großer Reichweite und Macht sich äußere, oder Studierende auf ihren privaten Twitter-Accounts. „Es geht darum, die freie Meinungsäußerung der Studierenden zu verteidigen.“

Während Ziegler sprach, verteilten Studierende Zettel mit der Überschrift „HU – schützt eure Studierenden vor rechter Hetze“.  Darin berichten Sarbo und Ziegler von „eine massiven Hetzkampagne on- und offline“, die „misogyn und rassistisch“ war.  Auf „Neonazi-Watchblogs“ sei gegen sie recherchiert worden. Baberowski habe dies „aktiv initiiert“ und dabei zugesehen, wie der „rechte Mob tobte“.

Äußerungen von Meinungsfreiheit gedeckt

Die Dekanin der Philosophischen Fakultät Gabriele Metzler betonte, dass Diskriminierung an einer liberalen, offenen Universität keinen Platz habe. Sie habe Sarbo und Ziegler per Mail aufgefordert, ihr entsprechende sexistische und rassistische Beleidigungen zukommen zu lassen. Die Uni würde sich dann gegebenenfalls hinter die Studentinnen stellen. Sie wünsche sich einen respektvollen und vernünftigen Umgang miteinander. Aussagen, dass Baberowski rechtsradikal sei, könne sie „mit Nachdruck zurückweisen“.

Martin Heger, Professor für Rechtswissenschaft, hob hervor, dass zwar viele Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt seien, man aber trotzdem nicht derartig miteinander reden sollte. Er kritisierte außerdem, dass die Studierenden ihre Strafanzeige gegen Baberowski kurz vor einem Vermittlungsgespräch öffentlich gemacht hätten. Dies habe einen „Torpedoeffekt“ ausgelöst.

Für rassistische Argumentationen online sei nicht Baberowski verantwortlich, sondern die jeweiligen Kommentatoren. Gleichwohl sollten die Unimitglieder „mögliche Folgen ihrer Äußerungen“ einbeziehen. Baberowski war in der Sitzung nicht anwesend, er ist kein Mitglied des AS.

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