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In Stralsund sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel 2016 bei der Eröffnung eines Konfuzius-Instituts.

© picture alliance/Stefan Sauer

Kritik an Konfuzius-Instituten: Universitäten dürfen nicht unter Chinas Einfluss geraten!

Unis weltweit, die den Austausch mit China pflegen, müssen ihre Studierenden vor Überwachung schützen und Wissenschaftsfreiheit sichern. Ein Gastkommentar.

Sophie Richardson ist Leiterin der China-Abteilung von Human Rights Watch.

Warum will die Freie Universität Berlin mit einer Institution kooperieren, für die akademische Freiheit keine große Rolle spielt? Genau das ist der Fall, wenn es um das Berliner Konfuzius-Institut und das Hauptquartier dieser Institute weltweit (Hanban) geht.

Hanban ist der verlängerte Arm der chinesischen Regierung, der dafür verantwortlich ist, aus politischen Gründen Kursmaterial zu zensieren und Personal nach politischer Loyalität zu rekrutieren. Zudem unterliegt die Umsetzung der Vereinbarung über eine FU-Professur, die von Hanban finanziert wird, den Gesetzen der Volksrepublik China.

Weltweit gehen auch in Demokratien die staatlichen Mittel für Universitäten zurück. Deshalb denken sie darüber nach, mit chinesischen Regierungsinstitutionen zu kooperieren und mehr chinesische Studenten aufzunehmen. Nun unterliegen die Unis in Deutschland und in Berlin derzeit nicht einem solchen Spardruck.

Trotzdem kann es gute Gründe für den Austausch mit China geben. Aber der ist nur ein gutes Ziel, wenn er auf der Grundlage der Meinungsfreiheit stattfindet. Das ist bei Austausch-Projekten mit China in der Regel nicht der Fall.

Human Rights Watch hat fünf Jahre lang dokumentiert, wie die chinesische Regierung die akademische Freiheit in Australien, Großbritannien, Kanada und den USA untergraben hat. Die chinesischen Behörden haben dort versucht, wissenschaftliche Diskussionen zu beeinflussen, chinesische Studenten in Übersee zu überwachen, wissenschaftliche Untersuchungen zu zensieren oder anderweitig in die akademische Freiheit außerhalb des eigenen Landes einzugreifen.

Unis setzen der Bedrohung nur wenig entgegen

Nur wenige der untersuchten Universitäten waren in der Lage, dieser Bedrohung etwas entgegenzusetzen. Nur wenige haben Schritte unternommen, um die akademische Freiheit vor lange bekannten Problemen zu schützen. Konkret sprach der chinesische Staat Einreiseverbote für Wissenschaftler aus, die zu China arbeiten, ließ Studierende und Wissenschaftler überwachen. Problematisch ist auch die Selbstzensur auf dem Campus.

Human Rights Watch hat deshalb einen Verhaltenskodex mit zwölf Empfehlungen veröffentlicht, wie Universitäten die akademische Freiheit aller Beteiligten schützen können. Dazu gehört, sicherzustellen, dass Studierende und Forschende aus China frei und unter den gleichen Bedingungen wie ihre Kolleginnen und Kollegen auf dem Campus arbeiten können – also ohne Überwachung.

Sophie Richardson gestikuliert bei einer Veranstaltung im Gespräch mit ihrem Auditorium.
Gastautorin Sophie Richardson leitet die China-Abteilung von Human Rights Watch.

© Tim Sloan/AFP

In Europa ist die Debatte über die Konfuzius-Institute in den vergangenen Monaten immer intensiver geworden. So kündigte die Freie Universität Brüssel im Dezember 2019 an, ihr Konfuzius-Institut zu schließen, nachdem über angebliche Überwachung berichtet worden war. In den letzten Jahren haben Universitäten in Frankreich, den Niederlanden und Schweden ihre Konfuzius-Institute geschlossen. Dutzende Hochschulen in Kanada und den USA haben genauso gehandelt.

An der FU Berlin behaupten die Befürworter der Kooperation, dass Zensur kaum zu befürchten sei. Die Zusammenarbeit würde ja vor allem in der Sprachausbildung stattfinden. Doch dies ist ein schwaches Argument. Dort kann wie in anderen Fächern Zensur stattfinden. Und das größte Problem ist dabei noch überhaupt nicht genannt: Die Bildungspolitik der chinesischen Regierung ist generell nicht darauf ausgerichtet, freie und offene Diskussionen zu ermöglichen.

[Eine Stellungnahme der Freien Universität Berlin zur Stiftungsprofessur „Didaktik des Chinesischen sowie Sprache und Literatur Chinas“ finden Sie hier. Und hier finden Sie einen aktuellen Gastkommentar von Mechthild Leutner, der ehemaligen Leiterin des Konfuzius-Instituts an der FU.]

Transparent dokumentieren, welche Gelder aus China kommen

Universitäten in Deutschland und anderswo sollten nicht nur ausschließen, dass Konfuzius-Institute, die den Prinzipien der akademischen Freiheit widersprechen, auf ihrem Campus tätig sind. Neben dem Schutz vor Überwachung chinesischer Studierender und Forschender müssten sie auch garantieren, dass Debatten nicht willkürlich unterdrückt werden, wenn die chinesische Regierung kritisiert wird. Universitäten müssen öffentlich und transparent dokumentieren, welche Gelder von der chinesischen Regierung oder von Unternehmen kommen. Schließlich sollten die Universitäten auch untereinander zusammenarbeiten und Informationen darüber teilen, inwiefern die akademische Freiheit auf ihrem Campus attackiert wird.

Die Geschichte der Freien Universität als Bollwerk gegen politische Unterdrückung im Kalten Krieg gibt ihr einen besonderen Platz, wenn es darum geht, die Wissenschaft gegen autoritäre Umtriebe zu verteidigen. Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit, die das Selbstverständnis der Freien Universität prägen, lassen sich mit einem Konfuzius-Institut nicht verwirklichen.

Sophie Richardson

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