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Anschaulich von Anfang an. Eine neue Lehrer-Generation soll Schülern zeigen, dass Mathematik im Alltag relevant ist.

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Lehrerbildung: Für Mathe und Physik begeistern

Lebens-Aufgabe: Ein Adlershofer Kolleg bringt Lehramtsstudierenden der Humboldt-Universität bei, wie sie Schülern oft ungeliebte Fächer wie Mathematik und Physik nahe bringen können.

Wie hält man im Unterricht Disziplin? Wie geht man mit pubertierenden Jugendlichen um – und wie mit besserwisserischen Eltern? Fragen, die zunächst banal klingen, aber für viele angehende Lehrer ähnlich wichtig sind wie fachliches Wissen. In der Lehrerausbildung werden sie aber nur selten beantwortet, sagt Ingolf Hertel, Senior Professor an der Humboldt-Universität (HU) und Mitbegründer des 2010 ins Leben gerufenen Pro-Mint-Kollegs der HU. Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die Lehrerausbildung in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (Mint) zu verbessern und diese Fächer sowohl für Schüler als auch für potenzielle Lehrkräfte attraktiver zu machen.

„Lehrern fehlt es an praktischem Rüstzeug“, sagt Hertel, der zur Jahrtausendwende Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung war. Als er einmal Studenten der Erziehungswissenschaft gefragt habe, was sie in ihrem Fach gelernt hätten, hätten sie geantwortet: Dass es eine Wissenschaft ist. Praxisferne kritisiert auch Sabine Knöner, Lehramtsstudentin für Chemie und Biologie und Mitarbeiterin bei Pro-Mint. „Das erste richtige Praktikum, bei dem man nicht nur beim Unterricht daneben sitzt, macht man im Master.“

In den Mint-Fächern gibt es allgemein zu wenige Lehramtsstudenten, sagt Hertel. Das Fach sei nicht attraktiv, auch weil Schüler naturwissenschaftliche Fächer oft langweilig finden. Doch damit Jugendliche Physiklehrer werden wollen, brauchen sie zunächst einmal gute Physik-Lehrer, die einen mitreißenden Unterricht machen. Bei Pro-Mint lernen die angehenden Lehrer deshalb, Schülern zu vermitteln, dass in Mint-Fächern nicht nur abstrakte Theorie gelernt werden muss, sondern sie auf viele alltägliche Probleme angewandt werden können, sagt Pro-Mint-Geschäftsführerin Nora Butter. Für Stephan Pfeiler, einen studentischen Mitarbeiter im Kolleg, ist dies auch ein gesellschaftliches Problem: „Es ist bei vielen anerkannt, dass man in Mathe schlecht sein kann, weil man das ja nicht braucht.“

Um den klassischen Lehramts-Weg „Schule-Uni-Schule“ aufzubrechen und den Lehrern selbst eine Vorstellung von der praktischen Relevanz ihres Stoffes zu geben, bietet Pro-Mint den Studierenden vierwöchige Forschungspraktika in Adlershofer Unternehmen und Forschungseinrichtungen an. Pfeiler war am Adlershofer Institut für Planetenforschung. „Planetenforschung? Ich hatte keine Idee, wie das abläuft“, sagt der 26-jährige Physik- und Mathematik-Lehramtsstudent an der HU. Sein Betreuer hatte gerade an einer Mission mitgearbeitet, die eine Sonde zu einem Asteroiden schicken wollte. Es ging um ganz praktische Sachen: Wann startet das Ding? Wie muss man das berechnen? Was kostet das?

Am Ende wusste Stephan Pfeiler alles über die Arbeit von Luft- und Raumfahrtingenieuren und kann später Schüler mit seiner Begeisterung anstecken. In den Lehrplänen der Mint-Lehrerstudenten ist seit Beginn dieses Wintersemesters extra Zeit für ein solches Praktikum vorgesehen.

Am Pro-Mint-Kolleg arbeiten sieben Teams mit den Studierenden – für Mathematik, Chemie, Physik, Biologie, Chemie, Grundschulpädagogik für Mathematik und Grundschulpädagogik für den Sachunterricht. In jedem Team engagieren sich je ein Doktorand, ein abgeordneter Lehrer, ein Hochschullehrer aus der jeweiligen Fachdidaktik und eine studentische Hilfskraft. Sie erarbeiten Unterrichtsmaterial für Schulen und forschen zu Fragen wie diesen: Warum sinkt das Interesse vieler Schüler an Mint-Fächern ab der fünften Klasse rapide? Wie geht man mit Hochbegabung um? Und welche Vorstellungen haben Grundschüler von Mathematik?

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