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Leopoldina: Strahlende Akademie

Die Nationale Akademie präsentiert ihre Studie zur Energieforschung – und erläutert, wie sie künftig die Politik beraten will.

Aus welchen Quellen wir künftig unseren Energiebedarf decken sollen, wird immer wieder heftig diskutiert. Egal, wie die Entscheidung letztlich ausfällt – grundsätzlich müssen alle technischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. So lautet das Fazit von rund 100 Wissenschaftlern, die in den vergangenen Monaten eine Empfehlung darüber erarbeitet haben, wie die Energieforschung neu ausgerichtet und organisiert werden müsste, um die Versorgung zu sichern.

Als „Atomstudie“ hatte der Entwurf vor der Bundestagswahl Aufsehen erregt. Denn die Autoren forderten unter anderem, die Kernenergie intensiver zu erforschen, obwohl sich Deutschland – zumindest bisher – zum Atomausstieg verpflichtet hat.

Am gestrigen Donnerstag wurde das Papier nach einigen kleinen Korrekturen nun offiziell vorgestellt. „Wir wollten die Studie nicht im Wahlkampf veröffentlichen, damit sie in Ruhe diskutiert werden kann und nicht auf den einen Punkt reduziert wird“, sagte der Präsident der Nationalen Akademie Leopoldina, Volker ter Meulen. Das Gremium hatte gemeinsam mit der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften das „Konzept für ein integriertes Energieforschungsprogramm für Deutschland“ erarbeitet.

Darin geht es natürlich um Effizienzsteigerung und den Einsatz regenerativer Energien, aber auch um die verstärkte Erforschung der Kernenergie. „Wenn man einen ganzen Technologiezweig von vornherein ausschließt, verschenkt man Optionen“, sagte Ferdi Schüth vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim, einer der Koordinatoren der Studie.

Die Politik sei flatterhaft, lautete das Credo der vier Hauptautoren. Wenn sie sich in ein paar Jahrzehnten neu orientiere, müsse die Wissenschaft ihre Expertise auch auf diesem Gebiet vorhalten, um der Gesellschaft eine fundierte Entscheidung darüber zu ermöglichen, welche Energietechniken sie nutzen will.

Ein klares Bekenntnis zur Kernenergie jedoch wollten die Autoren aber auch nicht geben. „Ob wir am Ausstieg festhalten sollen oder nicht, ist selbst unter den beteiligten Forschern umstritten“, sagte Ortwin Renn von der Universität Stuttgart. „Wir sollten – und können – nur die Fakten liefern.“ Eine Empfehlung, welche Energiepolitik verfolgt werden soll, war nicht gefragt. „Damit würden wir uns als Wissenschaftler auch schlicht übernehmen“, fügte Schüth hinzu.

Die Autoren fordern weiterhin ein nationales Koordinierungsgremium, bei dem die vielfältigen Forschungsschwerpunkte zentral zusammenlaufen sollen. „Die Zusammenarbeit der betreffenden Ministerien läuft derzeit nicht optimal“, hieß es.

Von der umstrittenen Energiestudie abgesehen, drang die vor einem Jahr zur Nationalen Akademie ausgerufene Leopoldina bisher nicht wirklich mit ihren Themen in der Öffentlichkeit durch. Günter Stock, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, räumte ein, dass „die Nationale Akademie nicht so sichtbar war“. Stock und ter Meulen sagten, die Akademie habe erst arbeitsfähig werden müssen. Es brauche eine Vorlaufzeit, um einen Fundus an wissenschaftlichen Themen für die Öffentlichkeit aufzubereiten. „Im nächsten und im übernächsten Jahr werden wir präsenter sein“, sagte ter Meulen, der sein Amt als Präsident der Leopoldina im März an den derzeitigen Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Jörg Hacker, abgibt. Ter Meulen sagte, auch die Medien müssten mehr dazu beitragen, die Empfehlungen der Akademie der Öffentlichkeit zu vermitteln.

Um die Politik besser beraten zu können, hat die Akademie inzwischen ein neues Koordinierungsgremium mit neun Forschern verschiedener Fächer eingerichtet. Es soll die Themen identifizieren, bei denen die Akademie Beratungsbedarf für Politik und Gesellschaft sieht. Neben kurzfristigen Stellungnahmen wie zur Schweinegrippe will die Nationale Akademie vor allem Themen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken, die bisher nur Insidern als zukunftsrelevant bekannt sind. So sollen als Nächstes Empfehlungen zur Quantentechnologie und zur genetischen Diagnostik erarbeitet werden. Ralf Nestler/Tilmann Warnecke

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