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Materialforschung: Lichtquellen der Zukunft

Organische Moleküle könnten die Grundlage für eine völlig neue Lichttechnik sind – die ist aber noch nicht ausgereift

Licht bringt Leben. Gerade in diesen trüben Wintertagen, in denen die Sonnenstrahlen kaum das Grau durchdringen, ist jedes Photon willkommen. Glühbirnen, Neonröhren oder Leuchtdioden (LEDs) haben allerdings den Nachteil, dass sie aus elektrischem Strom vor allem Wärme machen oder Licht in unangenehmen Farben abstrahlen.

Forscher arbeiten seit längerem an einer völlig neuen Leuchttechnik: organischen Leuchtdioden, kurz „Oleds“ genannt. Sie haben viele Vorteile, beispielsweise einen geringen Stromverbrauch, hohe Lichtausbeute und variable Farben. Außerdem können sie auf dünne Folien gedruckt werden, so dass selbst geschwungene Objekte zur Lichtquelle werden, wenn sie mit dem Stoff der Zukunft verkleidet sind.

Ein paar Jahre müsse man sich aber noch gedulden, bis etwa Raumteiler aus Glas per Knopfdruck zur flächigen Wohnzimmerlampe werden, sagt Jörg Amelung vom Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) in Dresden. Denn außer ein paar Prototypen haben die Oleds bislang kaum mehr als die Augen der Wissenschaftler zum Leuchten gebracht. Bis sie im großen Maßstab hergestellt werden, muss noch vieles verbessert werden. Dazu wurde kürzlich das „Center for Organic Materials and Elec tronic Devices Dresden“ eröffnet. 25 Millionen Euro haben EU, Bund sowie der Freistaat Sachsen in das Zentrum investiert.

„Im Prinzip funktionieren Oleds wie herkömmliche Leuchtdioden“, sagt der Physiker Amelung. Sie sind aufgebaut wie ein Sandwich, wobei die oberste und unterste Schicht als Elektroden wirken: Sie schicken positive und negative Ladungen in die mittlere Lage, die aus organischen Molekülen aufgebaut ist. Wenn sich die Ladungen dort treffen und miteinander verbinden, wird Energie frei, die zunächst auf die Moleküle übertragen wird. Diese wiederum geben die Energie in Form von Licht ab. Je nach Material kann das Licht rot, grün oder blau sein.

Herkömmliche Leuchtdioden sind aus Halbleiterkristallen aufgebaut, die aufwendig hergestellt werden müssen und schwierig zu verarbeiten sind. Die organischen Moleküle der Oleds hingegen können wie Farbpartikel auf eine Trägerschicht gebracht werden: Sie werden entweder aus einer Flüssigkeit abgeschieden oder im Vakuum aufgedampft. Je nach Herstellungsverfahren kann eine einzelne Oled bis zu zwei mal drei Meter groß sein. „So kann man erstmals leuchtende Flächen erzeugen und muss sich nicht mit Punkt-Lichtquellen wie Glühbirnen oder LEDs zufriedengeben“, sagt Amelung.

Da das Auftragen der einzelnen Schichten bei Raumtemperatur erfolgt und kaum Ansprüche an den Untergrund stellt, sei es auch denkbar, die neuartigen Leuchtdioden auf Folie zu drucken. Diese könnte auf Möbel oder auf Armaturenbretter in Autos geklebt werden – der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

Was vor allem dagegen spricht, ist der Preis, denn noch sind die Oleds deutlich teurer als andere Leuchtmittel. „Die Produktionsanlage in dem jetzt eröffneten Forschungszentrum ist ein wichtiger Schritt, um die Technik vom Labormaßstab zur industriellen Fertigung zu bringen“, sagt Amelung. Mit den Maschinen, die bis zu fünf Schichten auf einen Glasträger aufdampfen, ließe sich schnell testen, welche Ideen sich in der Praxis bewähren. Die Ingenieure haben zwei wesentliche Ziele: Die Lebensdauer der organischen Leuchten und ihre Effizienz zu erhöhen. In drei bis vier Jahren sollen die Oleds aus einer bestimmten Menge Strom mindestens ebenso viel Licht machen wie Leuchtstoffröhren, dafür aber dreimal so lange halten.

Wie man die Mixturen der Leuchtschichten verändern muss, um die Leuchtkraft der Oleds zu erhöhen, untersuchen auch Forscher am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm. Sie arbeiten allerdings an Molekülen, die aus einer flüssigen Lösung auf dem Träger abgeschieden werden. „Bei dieser Technik ist die Lichtausbeute zwar geringer als bei den aufgedampften Schichten, doch die Module sind in der Herstellung billiger“, sagt Armin Wedel vom IAP. Für die Beleuchtung von Autoarmaturen etwa genügten die flüssigkeitsbasierten Oleds allemal. Sie können auch auf Tastaturen geklebt werden. „Die Tasten leuchten von selbst und können ihre Beschriftung ändern“, sagt Wedel. In der Industrie seien solche Tastaturen geeignet, um die Sicherheit an laufenden Maschinen zu erhöhen, berichtet der Wissenschaftler. Der Bediener kann nämlich sofort erkennen, was die Anlage tut, und gegebenenfalls das Programm ändern.

Zurzeit arbeiten die IAP-Forscher daran, die organischen Leuchtdioden in Sicherheitsdokumente zu integrieren. Dazu haben sie sich Anfang November im Fraunhofer-Innovationscluster „Sichere Identität Berlin-Brandenburg“ mit weiteren Instituten, Universitäten und Unternehmen wie der Bundesdruckerei zusammengeschlossen. „Wenn der Personalausweis statt des Passbilds ein Oled-Display enthält, lassen sich darauf mehrere Ansichten einer Person speichern, um sie besser zu identifizieren“, sagt Wedel. Die Dioden könnten auch auf Zugangskarten mit Funkchips kombiniert werden: Diese würden erkennen, ob jemand einen bestimmten Gebäudeteil betreten darf oder nicht – und die Karte rot oder grün leuchten lassen.

Wedel nennt noch eine Anwendung, die zwar nicht sicherheitsrelevant ist, aber ziemlich nützlich: Auf Karten, mit denen man bargeldlos in Kantinen bezahlt, ist nie ersichtlich, wie groß das aktuelle Guthaben ist. „Man muss immer zum Terminal, um sich den Betrag anzeigen zu lassen“, sagt er. „Ein Oled-Display könnte die Summe anzeigen, wann immer man will.“

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