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Medizin: Eine Stiftung für die Zukunft der Urologie

Während die meisten Männer im höheren Alter im Ruhestand sind und ihre Zeit vielleicht auf Mallorca oder im Schrebergarten verbringen, sind die beiden Mediziner von Schnorr und Loening dabei, eine Stiftung auf die Beine zu stellen.

Die beiden älteren Herren sitzen gemeinsam an dem runden Tisch. Darauf liegen Bewerbungsmappen. Dietmar Schnorr, 65, blättert in einem schwarzen Hefter. „Innerhalb von sieben Tagen haben wir schon 30 Bewerbungen bekommen“, sagt Schnorr. „Aus China, Indien, Pakistan, Russland, Südkorea – und natürlich Deutschland.“ Es geht um ein Promotionsstipendium, gesucht sind junge Wissenschaftler, die an der Berliner Uniklinik Charité ihre Doktorarbeit machen wollen. „Wir schauen nur auf die Qualifikation“, sagt Stefan Loening, 68. Man merkt, dass er froh über diese Freiheit ist.

Während die meisten Männer im Alter von Schnorr und Loening längst im Ruhestand sind und ihre Zeit vielleicht auf Mallorca oder im Schrebergarten verbringen, sind die beiden Mediziner auf andere Art „stiften“ gegangen. Stefan Loening, ehemals Direktor der Klinik für Urologie an der Charité, leitet die 1999 gegründete Stiftung Urologische Forschung, Schnorr ist sein Stellvertreter. Beide denken nicht daran aufzuhören.

Die Stiftung, in direkter Nähe der Charité am noblen Robert-Koch-Platz in Berlin-Mitte gelegen, hat rund eine Viertelmillion Euro im Jahr zur Verfügung. Finanziert werden damit zwei Professuren, eine zur minimal-invasiven Chirurgie in der Urologie, die andere zur Behandlung von Kindern. Außerdem können drei Stipendiaten bezahlt werden, die urologische Krebsforschung betreiben.

Auch Loenings Schwerpunkt ist die Krebsforschung – unter den deutschsprachigen Urologen steht er in einem Wissenschaftsranking des „Laborjournal“ auf Platz drei. Sein Fach, die Urologie, ist ein kleines, aber wichtiges Fach. Das zeigt das Beispiel Prostatakrebs – der ist der häufigste bösartige Tumor des Mannes.

„Wir wollen mit der Stiftung versuchen, Leistungsträgern eine Perspektive zu geben“, sagt Loening, der Jahrzehnte als Chefarzt in den USA arbeitete und nach dem Mauerfall nach Deutschland zurückkehrte. Inzwischen hat auch die Deutsche Gesellschaft für Urologie die Idee aufgegriffen. Die bisher auf die Charité konzentrierte Stiftung könnte bald bundesweit Schule machen, die Stiftung über die Berliner Uniklinik hinauswachsen.

Zwei Probleme treiben Loening um: Das eine ist das allmähliche Schrumpfen der Charité, der Abbau von Stellen, die damit einhergehende Gefahr des Verlustes an wissenschaftlicher Qualität. Das andere ist die Abwanderung qualifizierter junger Forscher ins Ausland. „Unsere besten Leute schicken wir weg“, schimpft der Urologe. Ein wenig kann die Stiftung helfen – da, wo der Staat aus Loenings Sicht zu wenig tut: beim internationalen Wettbewerb um Spitzenforscher, um Leute wie Robert Koch, dessen Statue draußen auf dem Platz in hellem Marmorton leuchtet. Koch, der Entdecker des Tuberkulose-Erregers, blickt in die Ferne. Und vielleicht auch ein bisschen in die Zukunft. Von seinem Fenster aus kann Loening ihn sehen.Hartmut Wewetzer

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