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Eine Medizinstudentin hört einen Patienten ab.

© ddp

Medizin-Studium in Berlin: Charité führt neuen Test für Bewerber ein

Die Charité führt einen neuen Test für Bewerber durch, die einen Studienplatz in Medizin oder Zahnmedizin bekommen wollen. Eingeladen wurden jetzt nur Abiturienten mit einem Schnitt von mindestens 1,6.

Wie viele Chromosomen enthält die menschliche Zelle? Wie lautet die chemische Formel für den Alkohol 1-Propanol? Über Fragen wie diesen schwitzten am Dienstag rund 600 Bewerberinnen und Bewerber für ein Medizinstudium an der Charité im Congress Centrum am Alexanderplatz. Sie absolvierten einen neuen mathematisch-naturwissenschaftlichen Test. Dessen Ergebnis verrechnet die Charité fast gleichwertig mit der Abiturnote. Wer in der Addition beider Resultate vorne liegt, bekommt einen Platz.

Der Test beinhaltet 80 Multiple-Choice-Antworten

Nach diesem Verfahren vergibt die Charité bereits zum Wintersemester 160 ihrer 300 Studienplätze in der Medizin. Auch Zahnmediziner müssen die Prüfung absolvieren. „Wir wollen auch ein Zeichen setzen, dass die Charité auf naturwissenschaftliche Leistungen Wert legt“, sagt Burkhard Danz, Leiter des Referats für Studienangelegenheiten.

So sind einige der rund 80 Multiple-Choice-Aufgaben mathematische Textaufgaben. Themen aus Physik, Chemie und Biologie spielen eine wichtige Rolle: etwa Elektrizität, Atombau oder Prinzipien des Stoffwechsels (Beispielaufgaben hier). Die Prüfung erinnert an den Medizinertest, den in den achtziger und neunziger Jahren bundesweit alle Bewerber ablegen mussten und der heute wieder für Unis in Baden-Württemberg gilt. Die Berliner Variante ist aber kürzer (zwei statt fünf Stunden). Während beim Medizinertest ein privates Testinstitut die Fragen entwickelte, macht das die Charité in Zusammenarbeit mit den Unis Hamburg und Magdeburg selber.

Bis zu 6000 Bewerbungen pro Semester

Die Konkurrenz um die Studienplätze ist hoch. Abiturienten mit einem Zweier- oder Dreierschnitt hilft da auch der Test nicht weiter. Bis zu 6000 Bewerbungen erhält die Charité pro Semester. Zwanzig Prozent der Plätze bekommen nach wie vor die Allerbesten allein auf der Basis ihres Abi-Schnitts. „Oft reichen diese Plätze nicht einmal für alle Kandidaten mit einer 1,0 aus“, sagt Danz. Zum Test eingeladen werden die nächsten tausend Bewerber in der Rangfolge. Auch die müssen in diesem Jahr eine 1,6 mitbringen. Weitere Plätze vergibt die Charité nach Wartezeit (derzeit 13 Semester) und für Härtefälle. 

Mit dem Test reagiert die Charité auch darauf, dass ihr bisheriges Verfahren rechtlich unsicher war. So rügte die EU, dass Bewerber Pluspunkte bekamen, die in der Oberstufe naturwissenschaftliche Kurse belegten. Benachteiligt würden so Bewerber mit einem „Internationalen Baccalaureate“, bei dem einzelne Kurse gar nicht auf dem Zeugnis nachgewiesen werden.

Es gab viele Klagen gegen Auswahlgespräche

Bewerber wurden auch zu Gesprächen mit Professoren eingeladen. Gegen die Gespräche und die dort gestellten Fragen gingen vor Gericht aber immer mehr Klagen ein. Der Test soll jetzt mit großem Sicherheitsaufwand unanfechtbar werden. So wird per GPS geprüft, ob Bewerber unerlaubterweise Handys in die Prüfung schmuggeln. Auf die Toilette begleitet die Prüflinge eine Aufsichtsperson.

Reicht ein naturwissenschaftlicher Test aus? Müssen Ärzte nicht sensibel mit Patienten umgehen können? Natürlich, sagt Danz. Er sehe derzeit aber keine Möglichkeit, soziale Kompetenzen gerichtsfest abzufragen.

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