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Wissen: Mediziner testet sein Karbonrad Enttäuschung: Teures Bike nicht schneller

Ob man sich für 60 Euro ein gebrauchtes und schweres Fahrrad kauft oder ob man den 20-fachen Preis für ein Bike mit einem ultraleichten Rahmen aus Karbon zahlt, macht zumindest in der Geschwindigkeit keinen Unterschied. Zu diesem überraschenden Schluss kommt der Mediziner und Hobbyradler Jeremy Groves vom Chesterfield Royal Hospital, der dazu eine Studie im „British Medical Journal“ veröffentlicht hat.

Ob man sich für 60 Euro ein gebrauchtes und schweres Fahrrad kauft oder ob man den 20-fachen Preis für ein Bike mit einem ultraleichten Rahmen aus Karbon zahlt, macht zumindest in der Geschwindigkeit keinen Unterschied. Zu diesem überraschenden Schluss kommt der Mediziner und Hobbyradler Jeremy Groves vom Chesterfield Royal Hospital, der dazu eine Studie im „British Medical Journal“ veröffentlicht hat.

Im Stil einer wissenschaftlichen Untersuchung und gewürzt mit typisch britischem Humor berichtet Groves vom Kauf des 1180 Euro teuren Leichtfahrrads, das durch eine Steuerbegünstigung zugunsten umweltfreundlicher Pendler für ihn zum Schnäppchen geworden war. Es wog nur 9,5 Kilogramm und damit satte vier Kilogramm weniger als sein altes Rennrad mit einem Stahlrahmen.

Schon mit dem „Oldtimer“, den Groves für nur 60 Euro gebraucht gekauft hatte, war der Mediziner regelmäßig von seinem Haus in Sheffield ins 22 Kilometer entfernte Chesterfield zur Arbeit gefahren. Voller Vorfreude sei er gewesen und die Insider hätten erwartet, dass er mit dem neuen Karbon-Rad zehn Prozent schneller fahren würde. Zwar habe er damit tatsächlich an einem sonnigen Morgen einen neuen Rekord aufgestellt und die einfache Strecke in 43 Minuten geschafft. Dann aber musste er wegen eines Platten nochmals auf sein altes Gefährt zurückgreifen – und stellte fest, dass er mit 44 Minuten fast gleich schnell war wie mit dem teuren Neukauf.

„War das nur ein komischer Zufall oder hatte ich tatsächlich 1120 Euro mehr ausgegeben, um eine Minute Fahrzeit einzusparen?“, fragte sich Groves und entschloss sich zu dem Experiment, bei dem über mehrere Monate der Wurf einer Münze darüber entschied, mit welchem Fahrrad er zur Arbeit fuhr.

Das erstaunliche Ergebnis: Für 28 Hin- und Rückfahrten mit dem schweren Gebrauchtrad benötigte der fitte Doktor durchschnittlich eine Stunde, 47 Minuten und 48 Sekunden. Bei 25 Fahrten mit dem 30 Prozent leichteren Karbon-Rad brauchte er im Mittel eine Stunde, 48 Minuten und 21 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit hatte auf beiden Rädern 58 km/h betragen. Weiter informiert uns der forschende Hobby-Radler: „Die langsamste Fahrt war mit dem Karbon-Rad in heftigem Schneetreiben (2:03:20), die schnellste auf dem Stahlrad als direktes Ergebnis einer Wettfahrt mit einem fitten Kollegen (1:37:40).“ Dabei hatte Groves sogar jeweils beachtliche 843 Höhenmeter überwinden müssen.

„Das Ergebnis steht im Widerspruch zu der gefühlsmäßigen Annahme, dass weniger (Fahrrad-)Gewicht mehr Geschwindigkeit bedeutet“, schreibt Groves süffisant. „Nicht auf das Fahrrad kommt es an“, zitiert er den siebenmaligen Tour de France-Gewinner Lance Armstrong und rät seinen Lesern zum Schluss: „Ein neues, leichtgewichtiges Fahrrad mag äußerst attraktiv erscheinen. Doch eine Gewichtsreduktion des Fahrers verspricht den größeren Nutzen bei geringeren Kosten.“ Michael Simm

Michael Simm

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