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Trübe Aussicht. Auf einen Wohnheimplatz warten in Berlin oft mehr als tausend Studierende. 

© dpa

Mehr billiges Wohnen für Studierende: SPD-Abgeordneter will Wohnheime auf Tempelhofer Feld

Neue Studentenwohnheime auf dem Tempelhofer Feld? Das schlägt der SPD-Abgeordnete Lars Oberg vor. Die Opposition wirft dem Senat derweil vor, kein Konzept für die versprochenen neuen 5000 Wohnheimplätze zu haben.

Wohin mit den Studierenden, die nach Berlin kommen und keine bezahlbare Wohnung finden? Lars Oberg, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, hat die Debatte jetzt um einen neuen Vorschlag bereichert: Er will Wohnheime auf dem Tempelhofer Feld bauen lassen. „Ein, zwei oder drei Studentenwohnheime“ könnten dort doch entstehen, schlug Oberg am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses vor, wo die Parlamentarier über den Bau neuer Studentenwohnheime diskutierten.

Bekanntermaßen hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit schon im vergangenen Frühjahr angekündigt, das Land wolle 5000 neue Wohnheimsplätze schaffen. Die Opposition von Grünen, Linken und Piraten warfen dem Senat und den Regierungsparteien von SPD und CDU nun vor, die Ankündigung immer noch nicht mit einem Konzept hinterlegt zu haben. Weder gebe es einen Zeitplan für den Bau neuer Wohnheime, noch sei klar, wie viel diese kosten würden oder welche Mieten sich der Senat für Neubauten vorstelle, kritisierten Martin Delius (Piraten), Anja Schillhaneck (Grüne) und Wolfgang Albers (Linke) gleichermaßen.

Scheeres will, dass Wohnungsbaugesellschaften die neuen Heime errichten

Tatsächlich nannte Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) in der Sitzung dazu auch auf Nachfrage der Abgeordneten keine konkreten Zahlen. Auch auf den Vorschlag ihres Parteikollegen Oberg ging sie nicht weiter ein. Wie berichtet sind aus dem Liegenschaftsfonds bisher fünf Grundstücke für neue Wohnheime in Pankow, Wedding und Steglitz identifiziert worden, die allerdings nur für 500 bis 600 Plätze reichen würden. Scheeres kündigte an, der Senat wolle die landeseigenen  Wohnungsbaugesellschaften beauftragen, auf diesen Grundstücken neue Wohnheime bauen zu lassen. Das Studentenwerk soll die Gebäude dann nach der Fertigstellung bewirtschaften. „Die Planung hätte schneller vorangehen können“, gab Scheeres zu. Wann die ersten Neubauten bezugsfähig sind, steht nicht fest. Der CDU-Abgeordnete Stefan Schlede ging in der Sitzung von 2019 aus. Die Wissenschaftsverwaltung nannte nach der Sitzung auf Anfrage 2016/17 als Ziel.

Studentenwerk befürchtet, dass neue Plätze noch später fertig werden

Bei dem vom Senat beschlossenen Vorgehen drohen bereits die nächsten Konflikte. Denn das Studentenwerk würde die Wohnheime lieber in Eigenregie bauen, wie aus den Ausführungen von Geschäftsführerin Petra Mai-Hartung hervorging. Es sei überhaupt nicht klar, wie die Kooperation mit den Wohnungsbaugesellschaften ablaufen solle: „Das ist alles im Dunkeln.“ So müssten die Wohnungsbaugesellschaften erst entsprechende Abteilungen für den Wohnheimsbau einrichten, was Zeit koste, während diese Expertise beim Studentenwerk bereits vorhanden sei.

Eine neue Lücke reißt die Schließung des Heims am Hafenplatz

Mai-Hartung ließ durchblicken, dass die Wohnungsbaugesellschaften womöglich die Mieten in die Höhe treiben könnten, um die Investitionen in die Bauten wieder hereinzuholen. Ihre „absolute Schmerzgrenze“ betrage bei der Miete 350 Euro. Derzeit bezahlen Studierenden für einen Platz aber viel weniger, oft weniger als 200 Euro. Scheeres sagte, sie wolle alle Beteiligten möglichst schnell an einen Tisch holen, um die Planungen zügig voranzutreiben. Die Zeit dränge, betonte Mai-Hartung: Für das Wintersemester erwarte sie eine Warteliste von 2000 Studierenden für Wohnheimsplätze. Ab 2018 drohe sich die ohnehin schon angespannte Lage weiter zu verschärfen, weil dann das Wohnheim am Hafenplatz in Kreuzberg wegfalle. Passiere bis dahin nichts, stünden dann nur noch 5,6 Prozent der in Berlin lebenden Studierenden Wohnheimsplätze zur Verfügung (bisher 6,1 Prozent). Der Bundesschnitt liegt bei 10 Prozent.

Das Studentenwerk darf keine Kredite für den Wohnheimbau aufnehmen

Das Studentenwerk kann die Wohnheime nicht selber bauen, weil ihm dazu das nötige Geld fehlt. Sie frage sich, warum das Studentenwerk dafür nicht Kredite aufnehmen dürfe, sagte Mai-Hartung. „In anderen Bundesländern ist das üblich, es gibt gute Erfahrungen damit.“ Finanz-Staatssekretärin Margaretha Sudhof schloss das allerdings aus. Das Land Berlin hafte in diesem Fall für das als Anstalt des öffentlichen Rechts organisierte Studentenwerk.

Solche Risiken gehe das Land seit dem Berliner Bankenskandal aber nicht mehr ein. Wolfgang Albers (Linke) entgegnete, auch die Wohnungsbaugesellschaften müssten irgendwo ihr Geld herbekommen. Da der Senat den Bau eines Wohnheimplatzes mit 54 000 Euro beziffere, gehe er von einem Gesamtvolumen von 270 Millionen Euro für 5000 Plätze aus, sagte Albers: „Die holt man sich nicht aus der Portokasse."

Notlösung in Sicht: Studierende und Flüchtlinge in einer alten Schule

Kurzfristig lindern könnte die Lage ein Umbau eines ehemaligen Internats des Coubertin-Gymnasiums in Prenzlauer Berg. Hier gibt es allerdings noch Diskussionen mit der Sozialverwaltung, die in dem Gebäude Flüchtlinge unterbringen will. Angestrebt wird jetzt laut Staatssekretärin Sudhof, Studierende und Flüchtlinge gemeinsam unterzubringen. Die Wissenschaftsverwaltung rechnet hier mit 120 zusätzlichen Plätzen für Studierende.

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