Zur Eindämmung der Coronavirus-Infektionen empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI) die generelle Testung von Atemwegserkrankungen. Die Tests seien nicht mehr an die Bedingung geknüpft, dass es ausreichend Testkapazitäten gebe, sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade am Freitag.
Zum einen gebe es mehr Testmöglichkeiten, zum anderen sei die Erkältungssaison vorbei, und es seien „mehr Treffer“ zu Covid-19-Erkrankungen zu erwarten. Nicht zuletzt sei es nach der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen „besonders wichtig“, Coronavirus-Erkrankungen schon bei schwachen Symptomen zu erkennen, betonte Schaade.

„Wir empfehlen dringend, dass jeder mit einem Atemwegsinfekt, ob Husten oder Fieber, auch getestet werden sollte.“ Das RKI hat die Kriterien dafür „immer empfindlicher gemacht“, wie Schaade sagte.
Zugleich warnte der RKI-Experte angesichts der Lockerung der Kontaktbeschränkungen vor Nachlässigkeit. Dass Deutschland bislang vergleichsweise gut durch die Epidemie gekommen sei, sei den frühen und strengen Maßnahmen zu verdanken.
Schaade verwies darauf, dass innerhalb weniger Wochen rund 5300 Menschen an der durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 gestorben seien, „und es werden leider auch noch mehr Menschen sterben“. Es dürfe jetzt „keinen Erdrutsch an weiteren Lockerungen“ geben, sagte Schaade.
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Wenn es wieder zu mehr Kontakten komme, werde es auch mehr Ansteckungen geben. „Im schlimmsten Fall sind wir dann schnell an einem Punkt angelangt, an dem die Epidemie nicht mehr beherrschbar ist“, warnte Schaade. Mit Blick auf Kapazitäten der Gesundheitsämter sagte er, Fallzahlen von wenigen Hundert pro Tag seien erforderlich, bevor man über eine weitgehende Lockerung nachdenken könne.
Angesichts der schrittweisen Schulöffnungen schließt das RKI mögliche Infektionen nicht aus, deren Risiko aber durch verschiedene Maßnahmen minimiert werden könne. Laut einem neuen RKI-Bericht sprechen mehrere Faktoren dafür, „dass Kinder, wie bei anderen respiratorisch übertragbaren Erkrankungen, relevant zu einer Verbreitung von Covid-19 beitragen“, steht es geschrieben.
Die schrittweise und ans Alter der Kinder angepasste Öffnung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen sei dennoch derzeit aus fachlicher Sicht vertretbar. Es sei wichtig, auf einen Ausbruch in einer Schule sehr schnell zu reagieren, um das Virus nicht weiter in die Bevölkerung zu tragen. Wenn dies „regelhaft und häufig“ passiere, müsse überlegt werden, „die Maßnahmen wieder anzuziehen“, sagte Schaade.
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Die Frage, ob die Ausbreitung des Coronavirus mit der Sommersaison ähnlich wie bei der Grippe gestoppt werden könnte, lässt sich dem RKI zufolge nach wie vor nicht beantworten. Es gebe noch keine Zahlen dazu, ob der Sommer einen Unterschied mache und ob das Virus womöglich in warmer Luft und durch Sonnenstrahlen inaktiviert werde, sagte Schaade. Und selbst wenn, sei der Effekt nicht groß. (Tsp, AFP, dpa)
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