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Kühe stehen auf der Weide vom Milchviehbetrieb mit Hartmut (l) und Sigrid Seetzen in Varel, Niedersachsen.

© dpa

Methan-Rülpser bei Wiederkäuern: Wie Landwirte mit Futtertricks das Klima schützen können

Eine neue Studie zeigt, wie Kühe, Ziegen und Schafe mit bestimmter Fütterung weniger klimaschädliches Methan ausstoßen. Ein Experte warnt vor Nebeneffekten.

2050 könnten rund zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Ein großer Teil von ihnen wird voraussichtlich mit tierischer Milch kochen, Käse oder Fleisch essen. Doch wie lassen sich all die benötigten Kühe, Ziegen und Schafe halten, ohne viel mehr Methan zu produzieren und die Klimakrise weiter zu befeuern? Schließlich verantwortet das globale Ernährungssystem bereits jetzt bis zu 30 Prozent aller weltweiten Treibhausgase.

Die Antwort hält möglicherweise eine neu veröffentlichte Studie im Fachmagazin „PNAS“ bereit. Demnach können Landwirt:innen den Methanausstoß von Nutztieren mit bestimmter Fütterung und Tierhaltung so weit senken, dass sie dabei helfen können, das 1,5-Grad-Ziel bis 2030 einzuhalten. Das hat ein Forschungsteam um die Wissenschaftlerin Claudia Arndt vom International Livestock Research Institute in Kenias Hauptstadt Nairobi herausgefunden. Dafür haben die Forschenden 430 Studien ausgewertet.

Drei Strategien sind laut der Analyse vielversprechend, um mehr Milch oder Fleisch bei weniger Methanausstoß zu produzieren: die Tiere insgesamt mehr zu füttern, ihnen jüngeres Gras zu verfüttern und der Nahrung mehr nährstoffhaltiges Kraftfutter beizumischen. Damit steigt der Ertrag für die Landwirt:innen im Schnitt um 17 Prozent, während der Methanausstoß durchschnittlich um 12 Prozent je produziertem Kilo Fleisch oder je produziertem Liter Milch sinkt.

Ist das Ziel hingegen, den täglichen Methanausstoß bei der Viehhaltung insgesamt zu senken – und nicht nur pro Kilo Fleisch oder pro Liter Milch – kommen laut den Agrarwissenschaftler:innen fünf Futtermittelzusätze infrage: Methanhemmer wie 3-Nitrooxypropanol, tanninhaltiges Grünfutter wie Klee, Ölsamen, Nitrate sowie Öle und Fette. Mit diesen Zusätzen würden Kühe und andere Nutztiere im Schnitt 21 Prozent weniger Methan in die Luft rülpsen und genau so viel Milch geben oder Fleisch ansetzen wie ohne Zusätze.

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Landwirt:innen auf der ganzen Welt müssten diese Futtertricks bei Kühen, Ziegen und anderen Wiederkäuern nutzen, damit sie dabei helfen können, die 1,5-Grad-Grenze bis 2030 einzuhalten. Dass das unwahrscheinlich ist, haben auch die Studienautor:innen erkannt: „Europa, aber vermutlich nicht Afrika, könnte so seinen Beitrag zum 1,5-Grad-Ziel leisten.“

„Mehr Kraftfutter würde wertvolles Ackerland weiter verknappen“

Die Futtertricks stoßen laut der Analyse an eine weitere Grenze: Sie würden in der Viehhaltung daran scheitern, das 1,5-Grad-Ziel auch bis 2050 zu erreichen und nicht nur bis 2030. Denn die Einspareffekte würden voraussichtlich verpuffen, weil die wachsende Weltbevölkerung nach immer mehr Fleisch und Milch hungert – was den Methanausstoß durch mehr Kühe, Ziegen und Schafe in die Höhe treibt.

Dass Kühe Methan in die Atmosphäre rülpsen, lässt sich nicht vollständig vermeiden.
Dass Kühe Methan in die Atmosphäre rülpsen, lässt sich nicht vollständig vermeiden.

© Andreas Klaer

Friedhelm Taube, Professor für Grünland, Futterbau und Ökolandbau an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, hat zu Methanemissionen in der Nutztierhaltung auf einem Versuchsgut geforscht. Die Studienergebnisse sieht er teilweise kritisch: „Mehr Kraftfutter oder mehr Ölsamen für Kühe müssten erst produziert werden – und das würde wertvolles Ackerland weiter verknappen.“ Da es deutlich mehr Grasland als fruchtbares Ackerland auf der Erde gebe, würden solche Zusätze eine unnötige Flächenkonkurrenz schaffen.

Was Methanhemmer wie 3-Nitrooxypropanol angeht, gebe es einfach noch nicht genug Studien, um ihren nachhaltigen Nutzen überzeugend zu belegen.

Treibhausgase in der Landwirtschaft besonders hartnäckig

Als vielversprechende Strategie beim Einsparen von Methan sieht Taube hingegen, wenn Kühe jüngeres Gras auf der Weide fressen können. „Das ist gut verdauliches Material für die Tiere und das Weideland zu erhalten, trägt außerdem dazu bei, den Kohlenstoff im Boden zu binden, Artenvielfalt zu fördern und Grundwasser vor weiterer Nitratbelastung zu schützen.“

Friedhelm Taube ist Professor für Grünland, Futterbau und Ökolandbau an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Friedhelm Taube ist Professor für Grünland, Futterbau und Ökolandbau an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

© penofoto.de

Auch Kühen mehr tanninhaltige Pflanzen wie Kleearten zu verfüttern, ist laut dem Agrarwissenschaftler sinnvoll. „Nährstoffhaltige Kräuter und Kleearten können über den Sommer auf den Futterflächen blühen und bieten damit zum Beispiel auch zunehmend gefährdeten Wildbienen und anderen Bestäubern Nahrung.“

Insgesamt sollten Studien zum Klimaschutz bei der Viehhaltung nicht nur auf die Emissionsbilanz schauen, sondern laut Taube auch mögliche Flächenkonkurrenzen, Artenschutz- und Tierwohlaspekte in den Blick nehmen.

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Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft und Viehhaltung gelten als besonders schwer zu vermeiden. So kann sich die Menschheit für den Schutz des Klimas von Kohle, Öl und Gas verabschieden und zum Beispiel Autos elektrifizieren, Wärmepumpen statt Ölheizungen nutzen oder Windräder und Solaranlagen bauen. Damit lässt sich CO2 einsparen, das bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern entstehen würde.

Wenn Kühe und Schafe Methan in die Atmosphäre rülpsen oder gedüngte Felder klimaschädliches Lachgas ausdünsten, gibt es kaum Möglichkeiten, diese Emissionen vollständig zu vermeiden. Nach Erkenntnissen des Weltklimarats IPCC müssen deshalb diese „Restemissionen“ mithilfe von negativen Emissionen an anderer Stelle ausgeglichen werden, vor allem durch eine direkte oder indirekte Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre. Dazu zählt, dass Regierungen Wälder aufforsten und Moore wiedervernässen und auch CO2 mit kostspieligen Luftfilteranlagen aus der Atmosphäre absaugen lassen.

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