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Praxisnah. Pharmazie-Studierende der Freien Universität üben in ihrer neuen Modell-Apotheke.

© Bernd Wannenmacher

Modell-Apotheke an der FU eröffnet: Training für künftige Pharmazeuten

In einer neuen Modell-Apotheke sollen Pharmazie-Studierende an der FU den Umgang mit den vielfältigen Rezepten und Fragen von Patienten üben. Das Projekt ist bundesweit einmalig.

Wer Pharmazie studiert, erwirbt erst einmal zwei Jahre lang solide naturwissenschaftliche Grundlagen. Im zweiten Abschnitt lernen die Studierenden viel über Zusammensetzung, Wirkung und Herstellung von Arzneimitteln. Kontakt zu den oft mehrfach kranken Menschen, die in die Apotheke kommen, haben die angehenden Pharmazeuten nur während einer kurzen Famulatur und beim Praktikum am Ende ihrer Ausbildung.

Das sei zu wenig und zu spät, befanden Professoren und Studierende des Instituts für Pharmazie der Freien Universität Berlin. Dort wurde am Mittwoch das „Medikations-Management-Center“ eröffnet. Bundesweit bisher einmalig ist, dass der Umgang mit den vielfältigen Rezepten und Fragen, die Patienten und Kunden mitbringen, jetzt in das Pharmaziestudium integriert wird. Im siebten und achten Semester steht es für alle Studierenden auf dem Stundenplan, im Grundstudium kann man eine freiwillige Veranstaltung dazu besuchen.

In einer Modell-Apotheke, in der von Verwandten und Bekannten spendierte Arzneimittel-Schachteln nach Krankheitsfeldern sortiert sind, können die Studierenden sich im Beratungsgespräch üben. Dabei wird nicht nur ihre professionelle Recherche- und Kommunikationsfähigkeit geschult, sondern auch ihre Fähigkeit zu praktischen Dienstleistungen, etwa Blutdruckmessen oder die Anleitung der Patienten bei Injektionen unter die Haut, wie insulinpflichtige Diabetiker sie brauchen. „Wir sind ein naturwissenschaftliches Fach mit Brückenschlag in die Praxis“, sagt Charlotte Kloft, Leiterin der Abteilung Pharmazie und Biochemie.

Pharmazeuten sind Manager der Arzneimittel-Einnahme

Dass Pharmazeuten in den Apotheken ihre Aufgabe als Manager der Arzneimittel-Einnahme wahrnehmen, ist aus zwei Gründen heute besonders wichtig: Durch das Internet sind Informationen zu Medikamenten zugänglicher denn je. Klarer, zutreffender und verständlicher werden sie dadurch nicht. In einer älter werdenden Gesellschaft wächst zudem die Zahl der Menschen, die dauerhaft mehrmals am Tag eine Reihe von Medikamenten einnehmen. „Jeder Siebte nimmt mit 70 Jahren 13 Arzneimittel ein“, sagt Kloft.

In großen braunen Papiertüten haben sie und ihre Mitarbeiter zu Lehrzwecken typische Kombinationen von verschiedenen Packungen mit Pillen, Dragees und Injektionen versammelt: Basismittel gegen Bluthochdruck zusammen mit solchen gegen zu hohe Blutfettwerte und Diabetes, dazu bei Bedarf zu nehmende Mittel gegen die Schmerzen, die etwa die Arthrose in Knie oder Hüfte verursachen, aber auch rezeptfreie Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel.

Schon wegen möglicher Wechselwirkungen der Mittel ist es entscheidend, den Überblick zu behalten. Seit Beginn dieses Monats ist das e-Health-Gesetz in Kraft, das dazu beitragen soll: Jeder gesetzlich Versicherte, der mindestens drei Arzneimittel gleichzeitig einnehmen muss, hat Anspruch darauf, vom Arzt einen solchen Plan ausgehändigt zu bekommen, in einer Übergangszeit in Papierform.

Medikationspläne sollen für mehr Überblick sorgen

„Über 20 Millionen Menschen sind davon betroffen“, sagt Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). Für ihn ist klar: „Die Apotheke ist die zentrale Anlaufstelle, in der der Patient mit seiner Medikationsliste ankommt, die Apotheker müssen auf diesem Feld trainiert werden.“ Pharmazie-Professorin Kloft ergänzt, dass man mit der Charité im Gespräch sei, um das Medikations-Management auch ins Medizinstudium zu integrieren.

250 000 Mal pro Jahr wird nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums ein Patient wegen der Folgen vermeidbarer Fehler bei der Verordnung von Medikamenten ins Krankenhaus eingeliefert. Medikationspläne sollen in Zukunft für mehr Überblick und damit für mehr Sicherheit sorgen. Eine Untersuchung des FU-Instituts und der AMK zeigt, dass mehr als die Hälfte der Patienten sich ihre Mittel für die kommende Woche anhand eines vorgegebenen Plans nicht korrekt zusammenstellen konnten. Sie haben also Fragen – nicht zuletzt an ihren Apotheker.

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